Archive for the ‘03 Essays’ Category

20jährige Greise

Montag, Juni 1st, 2009

Als ich im Kindesalter erfuhr, daß die Menschen in der Jungsteinzeit höchstens 20 Jahre alt wurden, tat sich meine Phantasie, der sonst keine Grenzen gesetzt waren, schwer damit, sich 20jährige Greise vorzustellen, alt und aufgebraucht, den nahen Tod schon in den müden Augen.
Als ich in der Schule mit Statistik konfrontiert wurde, hellte sich die Sache schnell auf. Dies war nur ein statistischer Wert, der deshalb so niedrig war, weil 70% der Neugeborenen das dritte Lebensjahr nicht erreichten. Alte Menschen waren auch in der Jungsteinzeit alt, aber selten anzutreffen.
Seitdem sind viele Jahre die Donau flußabwärts geflossen, aber bis heute kann ich immer wieder in Zeitschriften, ja sogar in Büchern lesen, daß die Menschen in der Jungsteinzeit 20 Jahre, im Mittelalter 30 Jahre alt wurden usw. Und ob ihr es glaubt oder nicht - viele Artikelschreiber wie Leser glauben, daß die Leute mit 30 Jahren “uralt” waren, verwechseln also einen statistischen Mittelwert mit der wirklichen Lebensdauer.
Wie ist soetwas möglich? Daß die Statistik v.a. der Manipulation dient, habe ich an anderer Stelle ausgeführt; hier ist allerdings noch ein anderer Mechanismus am Werk, der darin besteht, “Information” unreflektiert zu tanken, zu speichern und wieder von sich zu geben. Die Menschen denken zuwenig und plappern zuviel nach, nämlich das, was sie im Laufe des Lebens so aufschnappen. Das ein Gutteil davon schlicht Unfug ist, wird ihnen nicht bewußt, weil ihr Bewußtsein nicht als solches funktioniert. Es ist keine (selbst)kritisch agierende Instanz, die jegliche Information verifiziert, bevor sie im Gedächtnis gespeichert wird - ein Gedächtnisfilter gewissermaßen - , nein ihr Bewußtsein ist…ich weiß es genaugenommen nicht, was die meisten Menschen stattdessen im Kopf haben. Vielleicht gar nichts. Aber das ist eine Spekulation.

Ein Feuchtgebiet ohne Grenzen

Mittwoch, Mai 20th, 2009

Nicht erst seit dem Roman von Charlotte Roche ist die dt. Gegenwartsliteratur ein einziges, riesiges  Feuchtgebiet. Als wären die aus allen Medien, dem Internet, der Werbung, der Filmindustrie, der Pornoszene auf einen niedergehenden Wogen verbal und visuell dargestellter Sexualität noch nicht genug, -die so aufdringlich sind, daß mensch von permanenter Belästigung sprechen kann,- gibt es in der dt. Gegenwartsliteratur keine andere Thematik, die damit nur annähernd Schritt halten kann. Was mag die Schreibenden veranlassen, vier Jahrzehnte nach der “sexuellen Revolution” in den 60er Jahren, quasi in Konkurrenz  zu den trivialen Säfte-Transporteuren  tretend, jeden zweiten Roman, der auf die Leser losgelassen wird , - und das ist eine statistische Untertreibung, -  mit 100fach,  ja 1000fach bemühten, total abgenutzten Darstellungen sexueller Abläufe, in einer Endlosschleife des immer Gleichen, anzufüllen, als sei Literatur eine Peep-Show, und die Leser Voyeure. Literatur als Ersatzbefriedigung? Sind tatsächlich alle Schreiber neurotisch und alle Leser Voyeure? Ich will es nicht glauben, und es gibt ja auch einige wenige Beispiele, also Romane, die völlig darauf verzichten, ihre Protagonisten und mit ihnen die Leser mit solch feuchtem Material zu quälen. Dies wäre eine Thema, das sich längst schon eine Diplomarbeit verdient hätte.
Haben die Schreibenden so wenig Vertrauen in ihre eigene Arbeit, so sollten sie eine andere Tätigkeit ausüben. Halten sie die Leser bzw. das Lesen für Voyeure bzw. für einen voyeuristischen Akt, dann sollten sie gleichfalls den Beruf wechseln. “Tropic of Cancer” (”Wendekreis des Krebses”) von Henry Miller, der Klassiker feuchter Literatur schlechthin, ist heuer immerhin 70 Jahre alt geworden.
Mit der raschen Ausbreitung des Internets ist die kommerzielle Ausbeutung der Sexualität, wie auch die Pornographie richtiggehend explodiert. Aber als wäre die Literatur eine Parallelwelt für verklemmte Triebtäter, wird in einem Buch nach dem anderen der Helden Sexualleben dargestellt. Wahrlich kein Gütesiegel für den gesellschaftsrelevanten Anspruch von Literatur, eher ein Zeichen, daß dieser Anspruch nicht gegeben ist, zumindest nicht für die Literatur, die heute die Szene dominiert und von den Verlagen publiziert wird. Wahrlich auch kein Gütesiegel für Literaturkritik und Leser, diesem Treiben nicht mit Abscheu und Ablehnung gegenüber zu stehen. Wie sie nicht alle über Qualität in der Literatur faseln, vom senilen Pabst bis zur TV-tauglichen Kritiker-und Rezensentenrunde, wie schön und realistisch dieser und jener Koitus in Sprache gesetzt wurde. Kein Einwurf, daß das Feuchtgebiet groß und tief genug geworden ist, um die ganze (dt.) Gegenwartsliteratur darin zu ersäufen, kein Einwand, daß dies alles schon 100 000mal in den gleichen Worten und Bildern geschildert wurde, Kein Einwand, daß die gesellschaftlichen Gegebenheiten für die Autoren Herausforderung genug sein müßten, zumindest in anderer Form in ihren Büchern mit Sexualität umzugehen, wenn sie schon glauben, daß es ohne sie gar nicht geht.

Aphorismus

Donnerstag, April 30th, 2009

Unwissenheit ist ein Jammer und Dummheit fast ein Verbrechen. Aber am Schlimmsten sind jene Leute, die ihr Unwissen mit Wissen und ihre Dummheit mit Klugheit verwechseln.

Der Hund: Eigentum und Ersatzpartner

Sonntag, März 15th, 2009

Wenn ich mich im Freien aufhalte, so muß ich in letzter Zeit immer öfter die Beobachtung machen, daß junge Leute - häufiger Mädchen und Frauen als Knaben und ausgewachsene Knaben - statt gleich-oder andersgeschlechtliche Partner oder Freunde an ihrer Seite, einen Hund an der Leine führen, ihn “halten”, aber nicht aus einer Neigung zu Tieren heraus (Tierliebe), sondern aus Unvermögen, eine zwischenmenschliche Beziehung bzw. Partnerschaft einzugehen und diese positiv zu gestalten, gleichsam Menschersatz bzw. Ersatzmensch.
Beim Großteil dieser Leute ist das Desinteresse an einer partnerschaftlichen Bindung nur die Oberfläche, die darunterliegende Versagensängste und Minderwertigkeitskomplexe tarnen soll, deren aggressive Auswirkungen der Ersatzpartner Hund ungebremst zu spüren bekommt.
Die ständig steigende Beliebtheit von Hunden als Partnersubstitut läßt sich nur zum Teil aus dem Umstand erklären, daß der Hund de jure und de facto Eigentum seines “Herrn” oder seiner “Herrin” ist. In einer ausschließlich auf Konkurrenzprinzipien beruhenden, spätkapitalistischen Gesellschaft, in der immer mehr Menschen immer weniger (zu bestimmen) haben, in der Solidarität als Schwäche verhöhnt und Aggression verherrlicht wird, entstehen gezwungenermaßen Kompensationsmechanismen, meist unbewußt, durch die der selbst empfangene Druck möglichst unmittelbar und direkt weitergegeben werden kann. Für das Funktionieren solcher Mechanismen bedarf es v.a. tauglicher Mittel und ihrer leichten Verfügbarkeit. Und hier kommt leider der Hund ins dreckige Spiel. Denn dieser eignet sich aufgrund seines Wesens bestens als “Ersatzpartner”, einem Dasein als Sklave, der ungestraft jederzeit zu fast allem genötigt werden kann und wird.
Ekel befällt mich, wenn ich in der Öffentlichkeit Zeuge werde, wie Frauen das durch die Männerherrschaft an ihnen verübte Unrecht nachträglich an ihren schuld-und wehrlosen Tieren rächen, wobei ihr Gesicht zum Spiegel wird, in dem sich der Hund zum Mann rückverwandelt hat.
Das Phänomen hündischer Ersatzpartner hat den gesellschaftlichen Bodensatz als Milieu längst erweitert und Eingang auch in besser situierten Schichten gefunden. Ein Faktor, der der Ausbreitung und Duldung solcher degenerierten Verhaltensmuster enorm Vorschub leistet, liegt in der allgemein zunehmenden Verrohung und der seelischen Abgestumpftheit der meisten Mitmenschen, die Gewalt, die anderen Wesen angetan wird, schlicht ignorieren und zwar ohne irgendwelche Skrupel oder, schlimmer noch, dabei Schadenfreude empfinden, daß anderen und nicht ihnen Zwang und Gewalt angetan wird. Zivilcourage ist bei uns zum Schlagwort verkommen, Feigheit und purer Egoismus haben das menschliche Mit-und Zueinand wie ein Karzinom befallen und unschuldige Tiere müssen dafür zahlen.

Anmerkungen zu “Der Widerspenstigen Zähmung”

Dienstag, März 3rd, 2009

Letztens stieß ich im Netz auf die Homepage einer “viersprachigen Dolmetscherin” und überzeugten Feministin (Eigendefinition), die, wie Millionen andere auch, ein öffentliches Tagebuch im Web führt, in dem sie der weltweiten community berichtet, “daß sie gestern in Berlin im Theater war, ein Stück von Kleist sah, welches sie dufte fand “, gemeint war die Aufführung, “obwohl eine Schar Kinder Lärm machte.” Zuvor war sie in New York, dort zwickte sie der BH, worauf sie sich einen neuen kaufte, usw., usf.. Gut, das ist nicht der Grund, warum sie in der versfabrik.at zitiert wird, vielmehr wegen ihrer Überzeugung als “Feministin”, daß Shakespeares “The Taming of the Shrew” (Der Widerspenstigen Zähmung) mit einem weltweiten Aufführungsverbot belegt werden müßte. Ja, auch viele Shakespearefreunde und v.a. solche, die sich dafür halten, haben mit diesem Stück gröbste Probleme, manche behaupten sogar, das Werk stamme nicht von Shakespeare, sondern wurde ihm böswillig untergeschoben. Warum? Weil sie, wie die meisten Menschen, Knechte ihrer Vorurteile sind, wobei das Stück auch noch in unserem Jahrhundert seine zeitlose Aktualität beweist. Denn, was wird dem Leser und Zuseher vor Augen geführt? Die “Zähmung” einer “Widerspenstigen” mit Methoden, die wir heute als Folter bezeichnen würden, wie permanenter Schlaf-und Nahrungsentzug, und zwar so praktiziert, daß das Opfer einer Gehirnwäsche unterzogen wird, bis es als Ich-lose Puppe auf Knopfdruck jedem noch so unsinnigen Befehl ihres Herrn nachkommt. Im heutigen Sinn: Ein Nicht-Angepaßter, ein “Verhaltensauffälliger”, im Stück eine Frau, die sich dem patriachalischen Diktat nicht unterordnen will, wird von ihrem Vater gegen ihren Willen mit einem rabiaten Freier zwangsverheiratet, wodurch die Frau in den Besitz ihres Gatten übergeht. Der zögert auch keinen Augenblick und beginnt mit Sadismus und Brutalität die Persönlichkeit der Frau total auszulöschen, bis sie am Schluß, wie schon gesagt, eine willenlose Puppe ist, die an den Demütigungen ihres Peinigers Gefallen findet. Selten wurde das Auslöschen einer Persönlichkeit eindringlicher auf die Bühne gebracht, als in “The Taming of the Shrew”. Also, wo liegt das Problem? Denn nur Narren oder Personen, die das Stück nicht kennen, unterstellen Shakespeare Sympathie für Petruchio, dem sadistisch-brutalen “Zähmer”, oder dessen Tun. Manche sagen, die Gestaltung des Stoffs als Komödie sei das Problem. Worauf ich antworte: Wie sonst, wenn nicht als Komödie, hätte er diese Materie transportieren können, sofern wir davon ausgehen, daß Shakespeare seine Dramen schrieb, damit sie auf der Bühne auch aufgeführt werden. Gerade die Form der Komödie macht dieses Stück zu einem Meisterwerk der Subversion, das das lachende Publikum in dem Ausmaß vorführt, wie die “Welt der männlichen Gebieter” auf der Bühne.
Beim genaueren Betrachten der meisten “Komödien” Shakespeares, ob “Maß für Maß”, “Der Kaufmann von Venedig”, “Wie es euch gefällt”, “Ende gut, alles gut” u.a.m., sind die positiven, männlichen Helden in der Regel Phrasendrescher, Maulhelden, mit einem Wort Charakterschwächlinge. Ganz anders die wichtigen Frauenrollen, die nicht nur in ihren weiblichen Attributen positiv gezeichnet werden, sondern auch an Geist, Witz, Mut und Tatkraft ihren männlichen Widerparts haushoch überlegen sind. Doch dieser Werkkontext wird bei “Der Widerspenstigen Zähmung” einfach ignoriert. Anscheinend ist die Literaturkritik bis heute nicht in der Lage, die dem Stück immanente Kritik am Patriarchat Shakespear zuzutrauen.
Genaugenommen versagen bei Shakespeares Nicht-Tragödien die herkömmlichen Gattungsmerkmale der Komödie in solchem Ausmaß, daß für die späteren Komödien des Dichters der Begriff Romanze als Krücke verwendet wird, um das Faktum zu verschleiern, daß Shakespears Dramen zwar die Gattungskonventionen befriedigen, aber nur zum Teil, zum anderen Teil werden diese Konventionen unterlaufen und überwunden. Gerade das macht, neben der unvergleichlichen poetischen Kraft seiner Sprache, ihre Einzigartigkeit, zeitlose Gültigkeit und folglich ihre Aktualität in nicht geringem Maße aus.

Dumme Menschen

Samstag, Oktober 4th, 2008

Es ist das Vorrecht des Dummkopfs, sich selbst als klug und die anderen als zumindest weniger klug als sich selbst zu sehen; und je größer der Grad der Dummheit, umso klüger sieht er sich in der Regel selbst und all die anderen dementsprechend umso dümmer. Dieser Umstand, der psychologisch betrachtet, für das Selbstwertgefühl des Dummkopfs als Notwendigkeit erscheinen mag, läßt den Kontakt mit dummen Menschen, von denen es leider mehr als nur viele gibt, zu einer Form des Masochismus werden, der nicht jedermanns Sache ist, wozu ihn aber die geltenden Regeln der Höflichkeit zwingen, denn nur durch Zustimmung fühlt der Dumme sich nicht beleidigt, woraus letztendlich nur die eine Wahl resultiert, entweder sich selbst vor dem Dummkopf herabzusetzen oder ihn durch schlichtes Ignorieren zu beleidigen. Es ist eine Illusion zu glauben, der erwachsene Dumme sei in irgendeiner Form lernfähig bzw. der Argumentation zugänglich, denn Lernfähigkeit bzw. Argumentation sind per se ein Widerspruch zur ausgewachsenen Dummheit.
Abgesehen von der Bedeutungsebene, die dem Dummkopf verschlossen bleibt, gibt es noch die materielle Daseinsebene und die Psychologie als ein Amputationsverfahren.
Ist Dummheit also ein erstrebenswerter Zustand für das Individuum. Das ist eine müßige Frage, denn bei erwachsenen Menschen scheint sie eine normative Notwendikeit für den einzelnen zu sein, um in der Masse nicht unterzugehen. Resultat und nicht Ausgangspunkt einer multifaktoriellen Entwicklung, anders gesprochen, die heutige Kapitalistische Konsumgesellschaft funktioniert v.a. auf der Basis individueller Verdummung; einzig einer dummen Menschheit ist die Welt, so wie sie (geworden) ist, noch zumutbar.

Das Zeitgedicht hier und heute

Donnerstag, September 4th, 2008

Das Zeit-bzw. Zeitungsgedicht, jene Gedichtform, die für den Tag geschrieben, in ihrer Haltbarkeit aber unbegrenzt ist, falls der Verfasser sich auf das Handwerk des Verse-Machens versteht, hatte seinen künstlerischen wie kommerziellen Höhepunkt im ersten Drittel des 20.Jh., v.a. aber in den 20er Jahren desselben, als Dichter wie Tucholsky, Kästner oder Brecht viele ihrer Gedichte regelmäßig und mit großem Erfolg in Tageszeitungen und Magazinen publizierten, Gedichte, die auch gegenwärtige Leser spielend in ihren Bann ziehen, obwohl sie nur für den Tag, für die Zeitung geschrieben wurden, wobei unter diesen Meistern E.Kästner noch herausragt, dessen Lyrik auch heute noch überaus lesenswert und fällig für ein Wiederentdecken ist, denn Kästners stilistische Souveränität, seine beißende Ironie, den Spießbürger betreffend, dies alles ist nach wie vor einzigartig und aktuell. Die Verdrängung der Lyrik durch postmoderne Pseudopoesie, genauer durch Schrumpfprosa, die das Schriftbild von Gedichten imitiert, die mit der zweiten Hälfte der 60er Jahre begann und bis heute fortwährt, setzte auch dem Zeitungsgedicht ein Ende.
Aber nicht vollständig, wenn wir genauer hinsehen, und auch nicht vergleichbar mit seinen Vorgängern, denn zumindest in zwei großen wiener Zeitungen erscheint täglich eine Rubrik in Versen und gereimt, mit “politischem” Inhalt. Das Niveau von Form und Inhalt dieser gereimten Glossen ist allerdings tiefer als der Mariannengraben, was nicht nur für W. Martins seit einer Ewigkeit in der KronenZeitung abgedruckten ranzigen Speichel des Herausgebers, in paarweise gereimte Verse gegossen, gilt, sondern mehr noch für die lyrische Drillingsmißgeburt auf Seite 2 der Wiener Zeitung, die das Windgepinkle von W.Martin tatsächlich noch unterbietet, eine Leistung der besonderen Art. Daß an und für sich renommierten Journalisten, kaum versuchen sie sich in Versen, jegliches Maß und Kritik am eigenen Text verlorengeht, sodaß sie derartigen Schrott publizieren, bedürfte eigentlich einer sofortigen Psychoanalyse.
Da sich die versfabrik.at der Lyrik und den Lesern gegenüber verantwortlich fühlt, zeigt sie nicht nur die Unzulänglichkeiten anderer auf, sondern publiziert selbst in nächster Zeit vermehrt “Zeitgedichte”, wofür die sechs Sonette zur kommenden Wahl, die auf diesen Text folgen, eine Kostprobe geben sollen.

Witz und -erzähler

Mittwoch, August 20th, 2008

Unangenehmer als einen Witz anzuhören, ist für mich nur noch der Witzerzähler selbst, und die unerträglichsten Figuren dieser Spezies sind jene, die auch gleich das Vorlachen übernehmen bzw. das Lachen vorgeben, indem sie, ohne die Wirkung des Erzählten auf den Zuhörer abzuwarten, selbst lautstark losbrüllen und so den Zwang auf den Zuhörer, der ja nicht unhöflich noch ein Spaßverderber sein will, merklich erhöhen, ein Faktum, das mir in jungen Jahren eine Vielzahl peinlicher Momente bescherte, bis ich endlich soweit war, auf die Ankündigung eines Witzes mit höflicher Ablehnung zu reagieren, also, daß ich sofort: “Nein danke, Witze interessieren mich einen feuchten..”. Die wirklich Hartnäckigen lassen sich dadurch allerdings nicht abhalten . Mit den Worten: Aber diesen einen oder so ähnlich, wird dann doch etwas Idiotisches erzählt. Nun, das ist in meinen Augen echt krank, noch dazu, wo Witze in der Regel rassistisch, chauvinistisch, frauenfeindlich, auf alle Fälle minderheitendiskriminierend im Inhalt sind, und die Pointe immer auf dem Effekt der Schadenfreude basiert, z. B.: Drei Burgenländer fahren nach Wien, um zum Zwecke der Weiterbildung eine Parlamentssitzung zu besuchen. Nachdem sie den Rednern ein paar Minuten zugehört haben, sagt der erste: Wir sind irrtümlich im Theater gelandet. Nein, im Zoo, sagt der zweite, während sich der dritte von der Gallerie in den Plenarsaal stürzt…Witze sind eine Beleidigung für die Intelligenz, und ist diese noch so schwach ausgeprägt. Sie haben auch nichts mit Humor oder Ironie gemein, sie sind schlicht dumm, derb, diskriminierend, von oberflächlichem Zynismus, sie sind nicht zum Aushalten genausowenig wie ihr Überbringer, der fast immer männlichen Geschlechts und von einem krankhaften Minderwertigkeitskomplex befallen ist. Nicht ohne Grund haben sich viele Psychologen/-iater mit dem Witz auseinandgesetzt. Der einzige Witz, der darüber hinausgeht, sind wir Menschen selbst.

Tierschänder und Tierschützer

Sonntag, August 17th, 2008

Während dem Tierschänder Tobias Bonhoeffer, einem Mensch gewordenen Monstrum, der bei seinen “Experimenten” Katzen und anderen Tieren bei geöffnetem Schädel Metallstifte ins Gehirn steckt, um irgendwelche Reaktionen zu erforschen, von der österreichischen Regierung der Arsch blank geleckt wird, auf daß er die Leitung der neu gegründeten “Eliteuniversität IST” übernehmen möge, schmoren die namhaftesten Tierschützer des Landes auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft schon seit Monaten in U-Haft, obwohl nicht die geringsten Beweise gegen sie vorliegen, was in diesem Unrechtsstaat kein Problem darstellt, gibt es doch seit kurzem einen Antimafia-Paragraphen in der STPO, auf den die Staatsanwaltschaft ihre fadenscheinige Anklage stützt, unter tatkräftiger Beihilfe der Richterschaft, die sich in ihrer Unfähigkeit nicht entblödet, die verschlüsselten Computer der Aktivisten als besonders verdächtig einzustufen. Und die Medien,die halten das Maul, und die Web-Community agiert mit abgeschnittenen Eiern; so hat die Ordnungsmacht schon jetzt ihr Hauptziel erreicht, noch bevor den Unschuldigen ein Schauprozeß gemacht wird, nämlich die totale Einschüchterung von Tierschutzaktivisten, die Zerschlagung der wichtigsten Tierschutzorganisationen und das blödschauende Stillhalten der Medien. Es ist schlichtweg zum Kotzen, was hierzulande abläuft.
Mein kreativer Vorschlag wäre, Herrn Bonhoeffer einige Staatsanwälte und Richter für seine Experimente zur Verfügung zu stellen, damit er in deren Gehirnen jene Stelle lokalisieren kann, an der Gott zu Hause ist. Das wäre in der Tat sensationell.

Karzinose Mensch

Dienstag, August 12th, 2008

Bei den olympischen Spielen in Peking kämpfen vor den Augen der Weltöffentlichkeit Sportler gegen andere Sportler um Medaillen; diesen Zeitpunkt hat ein kaukasischer Kleinstaat-Napoleon für einen militärischen Überraschungsangriff gewählt, der voll in die Hose dieses Herrn gegangen ist; die wirklichen Opfer sind aber wie in jedem Krieg die unschuldige, die wehr- und hilflose Zivilbevölkerung, die mit Hab und Gut, Leib und Leben für den perversen Machtwahn ihrer Führer zahlen muß, während die Kriegstreiber, falls ihr kriegerischer Plan nicht aufgeht, unbeschadet wieder zur Tagesordnung übergehen.
Dieser Kreislauf der Gewalt ist so alt wie das Menschengeschlecht selbst. Dennoch überrascht es, daß sich diesbezüglich seit dem Römischen Weltreich, dem ersten auf militärischer Macht basierendem Imperium der Menschheitsgeschichte, im Prinzip nichts verändert hat, daß die Menschheit in ihrer Jahrtausende währenden Entwicklungsgeschichte, nichts dazugelernt hat - ganz im Gegenteil - durch die heutige massive Überbevölkerung, durch eine rasante technisch-technologische Entwicklung, die wir einer Kaste frankensteinkonditionierter Wissenschafter zu verdanken haben und durch das Prinzip der Beschleunigung unter der Prämisse des “freien Marktes”, wurde das Bewohnen der Erde zu einem schädlichen Befall für den Planeten, so schädlich, daß ein unbefangener Betrachter den menschlichen Befall inzwischen als höchst karzinomatös erkennt, mehr noch, am Beginn des 21.Jh. ist der ganze Erdball von der Karzinose Mensch irreversibel befallen. Allerdings führen (Selbst)betrug und kollektive Verdrängung, die in breitestem Ausmaß funktionieren, zum Ignorieren bzw. zum sinnlosen Versuch, der Katastrophe durch Hinausschieben zumindest für sich selbst Herr zu werden, als Kredit auf die Zukunft, die jetzt schon nicht mehr kreditwürdig ist. Aber auch für jene, deren Sinne noch taugen, ist es meist ein unlösbares Problem, aus dem Horror, den seine Spezies zu verantworten hat, persönliche Konsequenzen zu ziehen.