Der Hund: Eigentum und Ersatzpartner

Wenn ich mich im Freien aufhalte, so muß ich in letzter Zeit immer öfter die Beobachtung machen, daß junge Leute - häufiger Mädchen und Frauen als Knaben und ausgewachsene Knaben - statt gleich-oder andersgeschlechtliche Partner oder Freunde an ihrer Seite, einen Hund an der Leine führen, ihn “halten”, aber nicht aus einer Neigung zu Tieren heraus (Tierliebe), sondern aus Unvermögen, eine zwischenmenschliche Beziehung bzw. Partnerschaft einzugehen und diese positiv zu gestalten, gleichsam Menschersatz bzw. Ersatzmensch.
Beim Großteil dieser Leute ist das Desinteresse an einer partnerschaftlichen Bindung nur die Oberfläche, die darunterliegende Versagensängste und Minderwertigkeitskomplexe tarnen soll, deren aggressive Auswirkungen der Ersatzpartner Hund ungebremst zu spüren bekommt.
Die ständig steigende Beliebtheit von Hunden als Partnersubstitut läßt sich nur zum Teil aus dem Umstand erklären, daß der Hund de jure und de facto Eigentum seines “Herrn” oder seiner “Herrin” ist. In einer ausschließlich auf Konkurrenzprinzipien beruhenden, spätkapitalistischen Gesellschaft, in der immer mehr Menschen immer weniger (zu bestimmen) haben, in der Solidarität als Schwäche verhöhnt und Aggression verherrlicht wird, entstehen gezwungenermaßen Kompensationsmechanismen, meist unbewußt, durch die der selbst empfangene Druck möglichst unmittelbar und direkt weitergegeben werden kann. Für das Funktionieren solcher Mechanismen bedarf es v.a. tauglicher Mittel und ihrer leichten Verfügbarkeit. Und hier kommt leider der Hund ins dreckige Spiel. Denn dieser eignet sich aufgrund seines Wesens bestens als “Ersatzpartner”, einem Dasein als Sklave, der ungestraft jederzeit zu fast allem genötigt werden kann und wird.
Ekel befällt mich, wenn ich in der Öffentlichkeit Zeuge werde, wie Frauen das durch die Männerherrschaft an ihnen verübte Unrecht nachträglich an ihren schuld-und wehrlosen Tieren rächen, wobei ihr Gesicht zum Spiegel wird, in dem sich der Hund zum Mann rückverwandelt hat.
Das Phänomen hündischer Ersatzpartner hat den gesellschaftlichen Bodensatz als Milieu längst erweitert und Eingang auch in besser situierten Schichten gefunden. Ein Faktor, der der Ausbreitung und Duldung solcher degenerierten Verhaltensmuster enorm Vorschub leistet, liegt in der allgemein zunehmenden Verrohung und der seelischen Abgestumpftheit der meisten Mitmenschen, die Gewalt, die anderen Wesen angetan wird, schlicht ignorieren und zwar ohne irgendwelche Skrupel oder, schlimmer noch, dabei Schadenfreude empfinden, daß anderen und nicht ihnen Zwang und Gewalt angetan wird. Zivilcourage ist bei uns zum Schlagwort verkommen, Feigheit und purer Egoismus haben das menschliche Mit-und Zueinand wie ein Karzinom befallen und unschuldige Tiere müssen dafür zahlen.

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