Archive for Juni, 2024

Pissoir (FG)

Donnerstag, Juni 27th, 2024

Den Anfang machen stur und steif Gerüche
Das Zückfeld spreizen Porzellankokotten
Am Spülrand hausen Steh-Greif-Hottentotten
Die Wände tragen schwer obszöne Sprüche

Hier rüttelt mann das Ding bis es entleert
Und schamlos wird des Nachbarn Scham begafft
Vom Spiegel blinzelt trüb die Körperhaft
Im Rinnstein läuft das Leben ungeklärt

Manch Bengel streikt und treibt den Herrn zur Wut
Manch einer spritzt freihand auf fremdes Bein
Gar viele fühlen sich zu kurz und klein
Am Boden Staub auf den Bestecken Blut

Ein Mageninhalt stürzt sich ins Geschehen
Ein Suchstrahl findet seinen Bräutigam
In Ruh und Schweigen harrt der saure Damm
Indes nach hinten blaue Winde gehen

Juni (S)

Donnerstag, Juni 20th, 2024

Im Efeu hausen fette China-Wanzen,
In jedem Zustand, Eier, Nymphen, Stinker.
Vom Fenster gegenüber glotzt der Trinker
Auf Mücken, die um seine Fratze tanzen.

Die Hitze treibt Gewürm aus allen Poren
Und auch die Worte stinken schon im Mund.
Wer weiß, ist es ein Tag, ist es ein Hund?
Am Bildschirm ist, wie immer, nichts verloren.

Der Sommer kommt anscheinend in die Jahre.
Aus seinem Hintern wachsen spitze Zähne
Und beißen knirschend in die Arschfanfare.

Ein Dummkopf macht ganz eifrig neue Pläne,
Indes die Wälder brennen. Und wir blicken
In keine Zukunft, denn die Bomben ticken.

Wahn (TS)

Sonntag, Juni 9th, 2024

Aus Träumen hochgeschreckt, im Bad, vorm Spiegel,
Aus dem ein Alligator mürrisch blickt,
In meine Augen, bis der Schädel tickt
Wie eine Bombe. Hätte ich doch Flügel

Für all die Tage, Wochen, für das Leben.
Um aufzusteigen aus dem Sumpf der Leute
Und wegzubiegen vor dem hier und heute,
Statt durch den Dreck zu schlingern und zu kleben.

Ich habe das so tun als ob echt satt,
Die Ego-Filmerei, das Daseinsspiel,
Die betonierte Wüste namens Stadt.

Ich fürchte schwarze Bärte unter Steinen.
Ein Sichelmond verstopft das Hauptventil.
Und dicke Hunde landen auf acht Beinen.

Sommersprossen

Dienstag, Juni 4th, 2024

Sechs Leoparden im Geschirr vorm Wagen,
Vom Mars zum Jupiter und immer weiter.
Milchstraßen ziehn an mir vorbei. Wir jagen
Ins tiefe All, verfolgt vom blauen Reiter.

Die Sterne funkeln, die Kometen blühen.
Gedanken drehen heftig Pirouetten.
Die Wörter fallen aus dem Mund. Sie fliehen
Ins wüste Land. Ich brauche Zigaretten.

Mein kleiner Kahn treibt in den sanften Wellen
Des Archipels aus Sommersprossen. Wind
Schläft in den Segeln. Träume von Libellen,
Die sich verwandeln, plötzlich Wespen sind.