Archive for November, 2020

Bis auf den Grund des Himmels *

Freitag, November 27th, 2020

Lass mich deine Lippen spüren
Auf dem Hals, so schäumt das Blut,
Und das Feuer stärker schüren,
Bis der Damm bricht. In der Flut

Wolln wir treiben mit den Wellen,
Die wie deine Augen grün
Sind, und auf der Gischt, der hellen,
Wie ein Regenbogen blühn.

Lass mich deinen Atem kosten
Eine endlos lange Nacht,
Seine Süße, bis im Osten
Taugetränkt der Tag erwacht.

Lass mich tauchen, lass mich fliegen
In und auf und unter dir,
Dass sich die Minuten biegen
Zu des Lebens Elixier.

* für Gerda

Ein Strauß Narzissen

Dienstag, November 17th, 2020

Manchmal steigen aus den Träumen
Bilder und verwandeln sich,
Bis sie in Gedanken keimen,
Wachsen, blühn. Sie zeigen dich

Klar und deutlich wie in jenen
Tagen, da wir zwei vereint
Waren, einem wunderschönen
Märchen, wo das Glück still weint.

Deine Lippen waren Lachen,
Deine Augen mildes Licht,
Das die Sterne konnt entfachen,
Eine Rose dein Gesicht.

Ach, was würd ich dafür geben,
Könntest du jetzt bei mir stehn.
Ja, mein so verdammtes Leben
Würde sich ins Helle drehn.

Einen Strauß Narzissen lege
Ich dir auf den kalten Stein.
Geh dann schweigend meiner Wege,
Ziellos, düster und allein.

Oktobermelodie I *

Mittwoch, November 11th, 2020

Über mir ziehen die Wolken nach Süden.
Unter mir glitzert der schwarze Asphalt.
Rings um mich kauern Gestalten, die müden
Köpfe geneigt vor dem Wind. Es wird kalt.

Birken mit goldenem Laub an den Ästen
Krönen den Hügel. Der Krähen Geschrei
Läßt mich verweilen. Ich blicke nach Westen:
Träume von Schwalben, ein Lied geht vorbei.

Wiesen und Wälder, das Lachen der Kleinen,
Leute am Bahnhof, ein Zug der nicht hält,
Masken beim Tanzen, das Quietschen der Leinen,
Füße, die schmerzen von Stoppeln am Feld.

Jetzt ist Oktober, und kurz sind die Tage.
Wandernd zum Hügel auf rotbraunem Laub,
Wächst in Gedanken die brennnende Frage
Über die Menschen, warum sind wir taub.

* für Gerda

Geburtstag

Mittwoch, November 4th, 2020

Ein goldner Tiger springt von seinem Wolkenthron
Ins tiefe Blau des Himmels. Einen Skorpion
Hab ich in rot auf meinem Rücken tätowiert.
Die Schafe - frisch geschoren - drängen sich auf Plätzen,
Umkreist von Hunden, die sich selbst zu Tode hetzen,
An einem Tag, der seine Nägel braun lackiert.