Archive for November, 2008

Wen kümmert`s

Freitag, November 28th, 2008

Die Welt geht aus dem Leim.
Wen kümmert´s, wenn wir vor der Glotze sitzen
Und sicher fühln uns noch daheim,
Gestärkt von mega-dummen Witzen,
Die aus uns quellen, zäh wie Schleim.
Die Welt geht aus dem Leim,
Und wir schaun hirnlos dabei zu
Und köpfen eine Flasche Wein:
Gemütlichkeit bedarf der Ruh.
Die Welt geht aus dem Leim.
Was hilft da eine Korrektur.
Als Klebstoff taugt hier auch kein Reim.
Kloaken heißen wir Kultur,
Und sind wie immer stumpf und stur.
Die Welt geht aus dem Leim,
Die Menschheit geht zu Grunde,
Vor Geilheit und mit Sex und Crime,
So winseln wir wie Hunde,
Wenn endlich schlägt die Stunde.

Sie schlägt schon bald.

Am Morgen

Donnerstag, November 27th, 2008

Vom Kreischen des Weckers aus Schlaf und Traum
Gerissen, ringsum nur das trübe Dämmern
Des Morgens. Schutzlos im schutzlosen Raum,
Indes vom Tag, der kommt, die Schläfen hämmern.

Mein Blick fällt auf das Ziffernblatt: Es ziehen
Blind kreisend die Zeiger zum Karneval.
Da möchte ich aus meinem Körper fliehen,
Und ohne Aufschub, schnell und radikal.

Nur fort aus diesem Raum, aus dieser Zeit,
Aus diesem Dasein ohne Weg und Ziel,
Wo die Erkenntnis bringt nur Bitterkeit,
Wo alles derb und dumm ist und skurril.

Doch schaue ich im Bad dann in den Spiegel,
Dann wird mir mein Gesicht entsetzlich fremd.
Und zitternd knüpfe ich am Hals die Zügel,
Indes die Zukunft bis zum Himmel brennt.

Poesie im Netz ?

Mittwoch, November 26th, 2008

Alle rennen wie verrückt,
Um im Netz zu leben,
Und sie fühln sich voll beglückt,
Wenn sie dort fest kleben.

Die Zeit, sie läuft vor uns daher,
Und wir, wir wollen mit.
Doch jene, die da wolln nicht mehr,
Die kriegen einen Tritt
Von hinten in den Arsch verpaßt.

Als ich vor ein paar Monaten eine Exkursion im Netz machte, Anfänger der ich war, um die Orte der Poesie aufzusuchen, da fand ich mancherlei, das meiste von schlichten Gemütern, verfaßt für noch schlichtere Gemüter. Aber ich muß leider gestehen, ich fand nichts, das den Namen “Zeitgenössisches Gedicht” auch wirklich verdiente. Gut, dachte ich, die Oberfläche des WWW ist nahezu unendlich groß, Platz genug also für den ganzen Müll, an dem der Planet schon halb erstickt ist und bald ganz zu ersticken droht.
Als ich nun vor ein paar Wochen eine Exkursion ins Netz machte, um neuerlich die Orte der Poesie aufzusuchen und wenn möglich, auch zu finden, dieses Mal ein bißchen weniger Anfänger, da fand ich vielerlei. Und je mehr ich schaute, umso mehr sah ich, aber was ich sah, war genauso unbefriedigend wie bei meiner ersten Exkursion; weder Brüder noch Schwestern im Geiste der Poesie traf ich an, sondern eine verbale wie virtuelle Masse raubte mir den Atem und das Vergnügen. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: All den lieben Leuten, die da Gedichte schreiben und ins Netz stellen, sei eines gesagt: Gut gemacht und Weitermachen. Aber diese Texte sind keine zeitgemäße Lyrik, die gegenwärtig auch in keinen Büchern zu lesen ist, sondern Tagebucheintragungen in Vers und Strophe.
Sagt mir jetzt nicht, dies sei die Essenz von Web 2, daß jeder den eigenen Beistrich in der Unterhose nicht nur fabriziert, sondern ihn auch gleich dazu im Netz publiziert, soviel habe ich nämlich auch schon begriffen, nur interessiert es mich einen feuchten Dreck, denn das Öffentlichmachen der eigenen Nichtigkeit macht diese noch lange nicht zur Wichtigkeit, auch wenn die virtuelle Illusion lebt, daß dem so sei. Die versfabrik.at produziert zeitgenössische Gedichte, für Freunde echter Lyrik. Wie heißt es so schön: Jedem das Seine und allen das Nichts.

Zur Weihnachtszeit *

Mittwoch, November 26th, 2008

Und wieder einmal muß das Jahr verenden
Und wird im Schneegestöber neu geboren.
Wer in die Stube tritt, hat heiße Ohren.
Wer sie verläßt, trägt Schuhe an den Händen.

Mit roten Lettern steht auf schwarzen Wänden
Die Zahl, davor ein Mann fast steifgefroren.
Und wieder einmal muß das Jahr verenden
Und wird im Schneegestöber neu geboren.

Zur Weihnachtszeit, wenn Engel Botschaft senden,
Die lang durch Nacht und Nebel irrt verloren
Und hilflos wankt vor den versperrten Toren,
Dahinter Menschen sich zum Essen wenden.
Und wieder einmal muß das Jahr verenden
Und wird im Schneegestöber neu geboren.

* für Gerda

Melancholie

Montag, November 24th, 2008

Der Regen prasselt auf die Fensterscheiben,
Verwandelt Straßen rasch in braune Flüsse.
Im Stiegenhaus riecht es nach Katzenpisse,
Im Keller will sich wer mit Strick entleiben.

Die Schwermut hält mich fest in ihren Klauen
Und drückt mich langsam auf den Boden nieder.
Was ich auch sehe, ist mir so zuwider,
Und in der Dunkelheit kommt dann das Grauen:

Vor dir, vor mir, vor gestern, morgen, heute,
Wenn schlaflos ich zur Decke starre und
Die Panik kennt nicht Horizont noch Grund,
Bis endlich Träume holen mich als Beute.

Wie eine Lerchenfeder im Orkan,
Verweht ins endlos weite Nirgendwo.
Dort steigt aus seinem Grab der Pharao
Und spendet toten Beifall meinem Wahn.

Getrübter Ausblick

Montag, November 24th, 2008

Mir scheint, mit jedem Tag, der neu beginnt,
Läßt eines immer schärfer sich erkennen,
Daß nämlich alle Menschen schneller rennen,
Und dabei dennoch einer nur gewinnt.

Mir scheint, mit jedem Tag, der schon vergangen,
Wird eines immer stärker mir bewußt
Und mehrt den ohnehin schon großen Frust,
Daß wir allein zum Schlechteren gelangen.

Und schaue ich nach vorne und zurück,
Dann wünsche ich mich ohne Zögern weit
Und maßlos fern in die Vergangenheit,
Denn keine Zukunft offenbart der Blick

Dem Individuum, wie es einst war,
Und allen Einzelwesen der Natur,
Stattdessen eine Kreatur,
Fürs Netz geeicht, als Standardexemplar.

Da Wünschen keinem noch geholfen hat,
Verweile ich am liebsten noch in Träumen,
Dort treibend mit dem Wind in alten Bäumen
Und unter Sternen, fern von jeder Stadt.

Denn Leben heißt, wie schon gesagt, Verlieren,
Und jeder, der gewinnt, ist bloß ein Dieb.
Und nur noch Leere bleibt uns noch zu spüren,
Und die ist überall und immer trüb.

Der Freak *

Sonntag, November 23rd, 2008

Ich bin ein Freak, ein echter Freak bin ich,
Bin Schizo, Narr und Neger in Person,
Hab einen Kopf, so rund wie ein Ballon,
Darin Gedanken, doch nicht bürgerlich.

Die blöde Glotzerei, was kümmert`s mich,
Wenn ich die Nacht durchflieg auf wildem Mohn.
Ich bin ein Freak, ein echter Freak bin ich,
Bin Schizo, Narr und Neger in Person.

Ihr seid die Masse ohne Punkt und Strich.
Ihr seid die Norm, die Null, die Nation,
Der Menschenmüll, der sich für Hurenlohn
Verkauft. Ihr seid ganz einfach widerlich.
Ich bin ein Freak, ein echter Freak bin ich,
Bin Schizo, Narr und Neger in Person.

* für Gerda

Herbsttag *

Sonntag, November 23rd, 2008

Er reißt die letzten Blätter von den Bäumen,
Der Sturm. Durch Gassen fliegt manch ein Toupet.
Die so Entblößten jodeln laut: Oh Weh!
Der Dichter denkt, was soll ich darauf reimen?

Daß die enthemmten Winde gröhln und greinen.
Das nervt die Tante, wenn sie schlürft Kaffee.
Er reißt die letzten Blätter von den Bäumen,
Der Sturm. Durch Gassen fliegt manch ein Toupet.

Jetzt werfen Dächer gar mit Ziegelsteinen
Und kümmern einen Dreck sich um Fairplay.
Das alles ist doch nichts als ein Klischee.
Die Wolken ziehen Fratzen in den Träumen.
Er reißt die letzten Blätter von den Bäumen,
Der Sturm. Durch Gassen fliegt manch ein Toupet.

* für Gerda

Gefangen*

Donnerstag, November 20th, 2008

Leute trinken Bier in Schenken,
Trinken lärmend Stund um Stund,
Bis sich gelbe Nebel senken,
Die Gedanken sich verrenken,
Was ist eckig und was rund.

Vor dem Strich noch einen Klaren
Und dann torkelnd Richtung heim,
Mit dem Auto Schleifen fahren,
Staub und Schweiß von toten Jahren
Kleben an mir zäh wie Schleim.

Kann nicht eure Sprache teilen,
Nicht das Maß und nicht die Zeit.
Stecke zwischen spitzen Keilen,
Im Gewind von Drähten, Seilen
Alles Nahe scheint so weit.

Bin in meiner Haut gefangen
Und die ist mir viel zu eng.
Trotz der Trauer auf den Wangen
Mündet jeglich Unterfangen
In der Kluft von aber - wenn.

Einmal mich im andern finden
Und das andere in mir:
Wie des Baumes morsche Rinde
Fiele Haut. Und mit den Winden
Wandle ich mich rück zum Tier.

Leute taumeln durch ihr Leben,
Ohren taub, die Augen blind,
Hände zittern, Lippen beben,
Und zu Hause weint ein Kind.

*aus d. Vorzeit der Versfabrik, geschrieben 1994

Der Dichter *

Dienstag, November 18th, 2008

Ich reime Verse, Strophen zum Gedicht,
Das heißt, ich bin auch Maler, Musikant,
Bin höflich meistens, manchmal provokant,
Vor allem hab ´ ich Augen im Gesicht,

Die schaun ins Dunkel und sie schaun ins Licht,
Und was sie sehen, bleibt nicht ungenannt.
Ich reime Verse, Strophen zum Gedicht,
Das heißt, ich bin auch Maler, Musikant.

Solang der Bube noch den König sticht,
Bleib ich den Eierköpfen unbekannt,
Doch nur wer schwimmt, gewinnt schlußendlich Land,
Und alles andere ist bloß Gerücht.
Ich reime Verse, Strophen zum Gedicht,
Das heißt, ich bin auch Maler, Musikant.
* für Gerda