Wintersonett

Januar 3rd, 2015

Im Herz der Stunden wuchert still der Rost.
Es schlenkern der Platanen Silhouetten
Im Wind wie bleiche Schatten von Skeletten,
Und ächzen läßt die Türen scharfer Frost.

Am Futterhäuschen tummeln sich die Vögel
Und in der Stube träumen Katz und Hund
Beim warmen Ofen, weil durchs Fensterrund
Der Himmel sich herabsenkt wie ein Segel,

Das vollgebläht beinahe streift das Haupt
Des Alten, der durch dichte Flocken Schnee
Nach Hause eilt, der Hoffnung schon beraubt;

Als sänke er in einen tiefen See,
Verspürt er, wie sich alles um ihn dreht
Und immer schneller wird und dann vergeht.

Reise ans Ende des Jahres

Dezember 20th, 2014

Das letzte Gold der Birken ist gefallen,
Fliegt nun verwelkt und braun gekrümmt im Wind.
Der Horizont schließt seine trüben Schnallen
Und nähert sich, aus Stundengläsern rinnt

Ein feiner Sand in meinen Mund und bläht
Den Augenblick, bis er zerplatzt. Ich treibe,
Ein Schatten unter vielen, ja, sehr spät
Ist es geworden, weiter. Keine Bleibe

Gewährt das Jahr, in dessen Fundament
Die Pfeiler brechen, einer nach dem andern.
Die Löwen brüllen, der Gedanke brennt
Ein Loch ins Holz der Tür, beginnt zu wandern

Von hier nach dort, den steilen Hang hinauf
Ins dichte Schneegestöber, wo kein Schranken
Den Schlitten bremst in seinem Abwärtslauf,
Indes Lianen sich um Sterne ranken.

Die Kerzen flackern, und die Glocken läuten.
Ein Säugling schreit, die Ochsen ringsum muhen,
Bis alle Träume tanzen, springen, reiten
Auf Tausendfüßlern in gewachsten Schuhen.

Am Himmel blühen farbenfroh Raketen,
Und erdwärts hockt der Lärm auf feuchtem Thron,
Vernebelt kurz den Zugang vor den Nöten.
Das Jahr versinkt. Ins Steuer greift sein Sohn.

Novemberbirke (T)

Dezember 1st, 2014

Während Brüder und
Schwestern nackt im Wind frieren,
Glänzen die Blätter
Der Birke golden im Licht
Der morgendlichen Sonne.

Saatkrähen (T)

November 22nd, 2014

Im nebelbleichen
Sonnenlicht tanzen Krähen
In großen Schwärmen
Über die braunen Felder,
Den Frost im Gepäck die Heimat.

Novemberfahrt (H)

November 7th, 2014

Durch gespenstischen
Wald hinein in den Nebel
Wo Träume hausen

G.T. (1887-1914) (T)

November 3rd, 2014

Luftschwimmen abends
Über blaue Astern nachts
Nach Sternen greifen
Verdämmern am Morgen und
Dem Tag ins Antlitz spucken

Der Horizont *

Oktober 16th, 2014

Mit roter Tinte auf Papier
Schreibe ich aus tiefstem Grund:
Du bist mein Kapitän,
Mein Anker und mein Boot.

Ein schäbiges Hotel, die Stufen steil,
Das Zimmer eng, tote Fliegen sprenkeln
Die Wände. Auf dem Nachttisch
Brennt eine Kerze, neben dem Besteck

Ein leeres Briefchen, Zigaretten,
Die Glock mit vollem Magazin.
Eingeweide hängen
Aus der Matratze. Ich liege

Auf dem Rücken, starre zur Decke.
Geschminkte Gesichter glotzen zurück.
Die Münder schwarze Löcher,
Durch die der Himmel, sternenklar,

In meine Brust sickert. Der Schweif
Des Kometen wandelt sich zum Lied:
Du bist mein Kapitän,
Mein Anker und mein Boot.

Wie durch Nebel, in dem der Wind schläft,
Dringt Stimmengemurmel ans Ohr.
Fäuste klopfen gegen Holz. Sekunden
Frieren zu Eis, Gletscher kalben.

* für Gerda

18.September 2014

September 19th, 2014

Der Regen geht mir irgendwie gehörig auf die Stulpe.
Der Sommer war ein abgedrehter Säugling, und ein Pflug
Beackert wahllos die Gedanken. Schenk mir eine Tulpe.
Die steck ich zwischen meine Zähne für den Nebelflug.

Traumsonett (1)

September 10th, 2014

Er taumelt, strauchelt, ach, es stürzt der Mond
Herab in einen früh versteinten Garten.
Wie finden Wanderer auf Sternenkarten
Nun jenen Ort, wo er so lang gewohnt?

Ganz still erlischt am Irisgrund die Glut.
Um seine Stirne dunkeln schwere Falten.
Das Auge kann die Tränen nicht mehr halten.
Aus offnem Munde strömt mit Wucht das Blut.

Ein irrer Menschenmob eilt rasch zur Stelle.
Mit Äxten hacken sie den Freund in Stücke
Die Kinder geben dem Zerschellten Tritte.

Noch einmal streift sein Blick den öden Hain.
Vor ihm im Nebel liegt die letzte Schwelle.
Und trostlos muß er enden und allein.

PS: aus d.Vorzeit d. versfabrik.at

Die Insel

August 22nd, 2014

Still steht die Wolke
Am Himmel das Deck
Der Fähre stapelt
Touristen ich schau
Hinaus aufs Meer wo
Langsam die Insel
Versinkt in Gedanken
Wein trinken im Takt
Der Wellen träumen
In den Tavernen
Wenn der Horizont
Glüht vor dem Dunkel
Später vom Hafen
Zum Flugzeug schneller
Kreisen die Zeiger
Der Uhren allein
Der Regen holt mich
Ab morgen schneiden
Die Tage wieder
Eine Grimasse
So häßlich wie Gott

2.Fassung