Magie *

Januar 21st, 2019

Wenn Wölfe heuln zum Mond und die Schamanen
Ins Feuer schauen unter millionen
Von Sternen, die im schwarzen Himmel wohnen,
Mit Augen funkelnd, wie von Leguanen.

Die Berge kreißen und die Flüße zahnen,
Und Wälder wandern in polare Zonen
Wenn Wölfe heuln zum Mond und die Schamanen
Ins Feuer schauen unter millionen

Von toten Brüdern während Karawanen
Durch Wüsten ziehn ins Land der Pharaonen,
Gedankenschwer, Gespensterlegionen,
Und Vogelschwärme steigen aus Vulkanen,
Wenn Wölfe heuln zum Mond und die Schamanen
Im Feuer schauen dunkle Visionen.

* für Gerda

Sieben Tage die Woche

Januar 13th, 2019

MONTAG

Montag ist´s und sechs Uhr früh,
Wecker brüllt erbarmungslos.
Aufstehn, nein, das lernt er nie.
Zornig murmeln Lippen, wie
Machen es die andern bloß
All die andern Scheißer die.

In die Hosen, in die Socken,
Ohne Frühstück aus dem Haus.
Wolken spucken mürbe Flocken
Auf der Menschen spärlich Locken,
Wo sich wohlfühlt nur die Laus.
Ach, das Dasein ist ein Graus.

Rasch läuft er zur Haltestelle,
Denn schon naht der Autobus.
Ein-und Ausstieg: eine Welle,
Drängelei auf alle Fälle,
Steigert in ihm den Verdruß.
Doch was nützt´s, er muß, er muß.

Bei der Fahrt die gleichen immer,
Leute, müde, ein Gesicht.
Keine Wärme, Hoffnungsschimmer,
Plötzlich lautes Kindgewimmer
Und er murmelt: Bitte nicht.
Denn wer klebt die Nerventrümmer?

Montag in den Abendstunden
Liegt er abgeschlappt im Bett,
Leckt sich stöhnend seine Wunden,
Körper fühlt sich arg geschunden,
Blase treibt ihn zum Klosett.
Kakerlaken ziehen Runden.

DIENSTAG

Kampf dem Schlaf am Dienstagmorgen
Und auch diesmal kein Kaffee.
Pillenschachtel leer.O weh!
Wo soll er die jetzt besorgen?
Hätt er doch ´ne gute Fee
Oder einen PKW.

Er versäumt den Autobus,
Ärger krallt sich fest im Magen.
Könnte mit der Faust erschlagen
Den nun wachsenden Verdruß,
Ohne sich dabei zu plagen,
Doch er muß ihn mit sich tragen.

In der Firma Chefvorträge,
Pünktlichkeit und solche Sachen,
Rücklings die Kollegen lachen
Über seine Wurstbrotpflege.
Diese parfümierten Drachen
Bräuchten eine Kettensäge.

Nach der Arbeit Pillen kaufen.
Apotheker schwenkt den Finger
Mahnend, denn die Psychodinger
Sind meist nur zum Haareraufen
Und nicht etwa Heilungsbringer,
Hört er den Magister schnaufen.

Dienstag in den Abendstunden
Liegt er chemisch voll entspannt,
Und die Augen trüb wie Sand,
Doch die Krämpfe sind verschwunden,
Auch das Zittern seiner Hand.
Fliegen auf dem Tellerrand.

MITTWOCH

Mittwoch kurz nach Mitternacht
Ist er schwitzend aufgewacht;
Sah sich selbst mit Pferdekopf
Wachsen aus dem Blumentopf,
Würmer nagend an den Zehen,
Die im Erdreich wurzelnd stehen.
Seine Arme gleichen Zweigen,
Die ein Gärtner ab will schneiden
Mit ganz großen, scharfen Scheren.
Wie soll er sich dem erwehren?
Kann nicht laufen, denn verwachsen
Fest im Boden sind die Haxen.
Beißt mit langen spitzen Zähnen
Gärtners Adern durch und Sehnen.
Dessen irres Hilfsgeschrei
Treibt nun seine Brut herbei.
Die umzingelt ihn und reißt
Hosen runter und bescheißt
Ihn von unten voll bis oben,
Während sie sich dabei loben.
Und schon naht die Müllabfuhr,
Saugt ihn weg, daß keine Spur
Übrigbleibt als Stinkgeruch,
Frisch garniert mit einem Fluch.
Eine Null im Nennerbruch.

DONNERSTAG

Donnerstag um sechs Uhr früh
Wird er wach, verschwitzt, ihn friert.
Alles an ihm Lethargie,
Mehr noch, eine Havarie
Wie ein Schiff, das kollidiert
Ist mit einem Eisbergknie.

Schon vor Mittag heizt das Fieber
Husten röchelt in der Brust,
Die Gedanken schwarz vom Frust,
Und das Virus zieht ihn nieder,
Macht zu Pudding seine Glieder.
Doch der Chef sagt: Franz du mußt

Deine Arbeit fertig bringen.
Diese duldet keine Pause.
Erst am Samstag darfst du singen,
Dich erholen dann zu Hause,
Stundenlang stehn in der Brause,
Oder eine Frau bespringen.

Also heißt es weiterquälen.
Schneckig kriechen die Minuten.
Er beginnt sie schon zu zählen.
Die vorbei sind, sind die guten.
Die noch kommen, sind wie Ruten
Auf den Rücken von Kamelen.

Abends in den eignen Wänden
Mehrt sich in ihm alles Übel.
Reibt mit zittrig feuchten Händen
Sein Gesicht ab mit ´ner Zwiebel,
Stülpt sich über einen Kübel.
Ach, wann wird das Elend enden?

FREITAG

Freitag schleicht sich in sein Zimmer,
Und der blinde Morgenschimmer
Zeigt ein Jammerexemplar,
Dessen Krankheit noch viel schlimmer
Ist, als sie am Vortag war.
Fühlt sich wie ein Pissoir.

Hart sind, heißt es, wahre Männer.
Laufen latzfrei rum im Jänner.
Und frisieren sich die Lappen?
Das bestreiten doch die Kenner.
Sicher, sag ich, wenn sie rappen
Mit gehörnten Elchtierkappen.

Und er schafft es mit Gewalt
Aus der Wohnung, ihm ist kalt,
In den Bus zur Arbeitsstelle.
Ach, da rutscht er am Asphalt
Aus, knapp vor der Firmenschwelle.
Dieser glücklose Geselle

Wälzt sich nun im Hundekot.
Menschenmassen sammeln sich
Um den Franz, der bitterlich
Weint und liegt in seiner Not.
Doch das ist sein eignes Brot,
Sagt ein Gaffer ganz für sich.

Und der Freitag geht zu Ende.
Was auch immer wer empfände,
Manche Leute brauchen Hiebe,
Auf den Rücken, auf die Rübe,
Ob zu Hause, in der Fremde,
Ob im Leben, in der Liebe.

SAMSTAG

Samstag darf im Bett er weilen,
Schläft und träumt von einem Igel,
Der beschnuppert seine Beulen.
Und der Traum verleiht ihm Flügel,
Kann damit durch Lüfte eilen
Über Wiesen, Felder, Hügel,

Als da schrillt das Telephon
Laut dahin, will nicht verstummen,
Jagt den ohnedies schon Krummen
Aus dem Bett. Schon wieder Fron,
Denkt er sich, die Lippen brummen
Doch ihm ist ganz fremd der Ton.

In der Leitung hängt der Zorn,
Spricht, daß jetzt sei da die Stunde,
Auszuheilen seine Wunde,
Wo der Eiter blüht enorm.
Die Gedanken brauchen Form,
Folgsamkeit ist für die Hunde.

Fühlt sich nun um vieles besser,
Fieber hat sich still verdrückt.
Als er in den Spiegel blickt,
Rauschen einst so stille Wässer
Und er lächelt und er nickt,
Seine Hand greift nach dem Messer,

Langeweile zu erstechen.
Und er schneidet voll Elan
Eine frische rote Bahn
In die endlos weiten Flächen
Der ureigenen Gebrechen,
Wo zu Hause ist der Wahn.

SONNTAG

Sonntag ist der Tag der Herrn.
Alle rasten, schauen fern.
Fern das ist ein bunter Schirm,
Steht zu Hause, füttert Hirn.
Und dem Magen dient ein Schrank,
Gut gekühlt, ja, Gott sei Dank.

Franz wär gerne sehr bequem,
Doch er hat ein Hauptproblem:
Das TV-Gerät ging ein,
Als ins Bild trat er sein Bein.
Wie soll er die Zeit verbringen,
Wie kann dieser Tag gelingen?

Also fährt er raus ins Grün
Kranker Bäume rund um Wien.
Hat einmal gehört, Natur
Sei auch eine Art von Kur.
Legt sich in das weiche Gras,
Zart entweicht dem Darm ein Gas.

Schließt die Augen tief beglückt,
Schlummert ein, bis etwas klickt.
Dunkelheit nimmt ihren Lauf.
Er schaut zu den Sternen rauf,
Und egal ist ihm die Zeit,
Sieht nur mehr den Himmel weit.

Als da graut der Montagmorgen,
Künden Alltags dumpfe Sorgen.
Franz fährt in die Wohnung heim,
Trinkt gepflegt ein Gläschen Wein,
Öffnet Fenster, steigt aufs Brett,
Springt hinab aufs Straßenbett.
Dieses ist gemacht aus Steinen.
Doch das ist kein Grund zum Weinen.

Die ganze Bande

Januar 5th, 2019

Die ganze Bande
Von Beutel und Hals
Abschneidern die Tod
Schläger sind immer
Zu allem bereit
Und bleibt nur die Flucht
Laufen und Stolpern
Stolpern und Laufen
Vor dem Gesindel
Als Ausweg wie´s scheint
Bist du erledigt
Schon früh am Morgen
Krümmt sich der Spiegel
Vor dem Gesicht das
Sich auftut entsetzt
Aber die Augen
Fließen die Lippen
Kleben am Bildschirm
Steigen Dämonen
Im Regen im Schnee
Unter dem schweren
Himmel auf Pferden
Ins flimmernde Ziel
Bei Tag oder Nacht
Wochen und Jahre
Die ganze Bande
Ist immer bereit

Fukushima (T)

Dezember 30th, 2018

Die rote Sonne
Hat sich plötzlich schwarz verfärbt,
Das Maul des Windes
Speit Gift, und Fluten rasen
Über den brechenden Leib
Der Erde. Die Zeit steht still.

Tausend Fürze

Dezember 18th, 2018

Tausend kleine Fürze
Schenk ich dir heut nacht.
Jeder ist voll Würze,
Daß dein Herz laut lacht.

Tausend kleine Fürze
Fahren zart und mild,
Ohne Stolpern, Stürze.
Und nicht einer brüllt.

Leg ab deine Schürze,
Komm ganz nah heran.
Tausend kleine Fürze
Schafft ein echter Mann.

Sag´s in aller Kürze,
Du, Geliebte, du.
Tausend kleine Fürze
Willst du. Gib es zu.

Wintersonne (T)

Dezember 16th, 2018

Gespenstern gleich stehn
Die kahlen Birken am Rand
Des Weges Schatten
Zittern im Schnee der sich rot
Färbt beim Aufgang der Sonne

Was du willst *

Dezember 14th, 2018

Willst du´s, bin ich dir Laterne
Durch das Dunkel einer Nacht,
Daß auf Wegen in die Ferne
Stets das Helle in dir lacht.

Willst du´s, bin ich dir auch Brücke
Über jenes tiefe Tal,
Wo sich Neid und Haß und Tücke
Paaren in der Zeiten Qual.

Willst du´s, bin ich dir Gebäude,
Das dich schützt vor Sturm und Schnee,
Wo im Winter dann wir beide
Träumen sanft vom grünen Klee.

Was du willst, ich will´s dir bringen,
Ob in Worten, ob im Tun.
Will dir sanfte Lieder singen
Und im Schaffen niemals ruhn.

* für Gerda

Dezember

Dezember 4th, 2018

Als letzter der Bäume ließ
Die Birke ihr goldenes
Kleid sanft zu Boden sinken.

Auf weiß schimmernder Rinde
Des nackten Gezweigs hocken
Krähen mit höhnischem Blick.

Die Morgendämmerung steckt
Spät ihre grauen Fühler
Durch verriegelte Fenster,

Und die Tage schultern nun
Krumme Schatten. Den Stunden
Wird die zähe Haut zu eng.

Gedanken bauen Brücken
Zurück zum Sommer oder
Eilen fort ins Kommende,

Während ein eisiger Wind
In den Gesichtern lagert
Und die Augen füllt mit Staub.

Kein Horizont ist zu sehn.
Fern hinter farbloser Wand
Steht die Sonne am Himmel.

Weihnachtsbrauch (T)

November 25th, 2018

In der Nacht flackern
Auf dem Fensterbrett Kerzen
Damit die Toten
Auf ihren langen Wegen
Endlich nach Hause finden

Novembernebel *

November 18th, 2018

Ein dichter Nebel überzieht das Land,
Von irgendwo das Kreischen vieler Krähen.
Ich kann den Boden unter mir nicht sehen
Und hebe vors Gesicht die rechte Hand.

Getrennt von allem wie durch eine Wand,
Allein mit meinen haltlosen Ideen,
Ein dichter Nebel überzieht das Land,
Von irgendwo das Kreischen vieler Krähen.

Ein kalter Wind fährt stechend durchs Gewand
Und läßt die unsichtbaren Bäume flehen.
In welche Richtung soll ich weitergehen?
Was bleibt zurück von uns, nur leerer Tand?
Ein dichter Nebel überzieht das Land,
Von irgendwo das Kreischen vieler Krähen.

*für Gerda
(2008)