Archive for the ‘02 Verse’ Category

Orchidee und Kolibri *

Samstag, April 18th, 2020

Weiß wie der Schnee auf
Den zum Himmel ragenden
Gipfeln der Anden

Sind deine Blüten
Blätter im dunkeltiefen
Amazonaswald

Wo in den Bäumen
Noch Regengeister hausen
Seit frühester Zeit

Und gut verborgen
Von dichten Nebelschleiern
Die Trommeln schlagen

Wenn sich dein zarter
Leib leuchtend öffnet trinke
Ich deinen Nektar

Mit langem Schnabel
Den seelensüßen Trunk aus
Tanzenden Kelchen

Bis die Minuten
In allen Farben des Lichts
Mit uns verschmelzen

* für Gerda

Kleines Liebeslied II *

Donnerstag, April 9th, 2020

Will schminken dem Tag
Die Lippen so rot. Für dich,
Mein Engel, für dich.

Laß Worte fliegen
Wie Blüten im Wind. Zu dir,
Mein Engel, zu dir.

Und Träume netzen
Die Schläfen der Nacht. Für dich,
Mein Engel, für dich.

Will streuen die Saat
Und ernten die Frucht. Mit dir,
Mein Engel, mit dir.

* für Gerda

Sprachlos (T)

Dienstag, März 31st, 2020

Zwischen den Wörtern
Klebt roter Speichel manchmal
Träumen die Tage
Vom Frühling aber öfter
Ist der Mund trocken wie Laub

Stehen und Greifen

Dienstag, März 10th, 2020

Was ich jetzt brauche - auf die Schnelle - ist ein Lied,
Ganz streng gepaart im Reim, was immer auch geschieht.
Ob nun am Handgelenk die Zeiger tick tack wabern,
Ob kleine Kinder quieken, alte Männer sabern,
Egal, der Alltag treibt, und ich muss shoppen gehen,
Sonst steigt mein Fräulen mir am Abend auf die Zehen.
Ich geb´es zu, ich bin alter, fauler Sack
Und treib nur selten noch ´nen kleinen Schabernack.
Doch unterwegs im Freien treff´ich kaum noch Leute.
Nur Mensch-o-maten, fremd gesteuert ist das Heute,
Von kleinen Dingern, die ein jeder in der Hand
Und blöde darauf glotzend mit sich trägt. Verstand
Ist im Exil, was soll´s, solang die kleinen Dinger
Nicht offline sind, so liebt ein jeder diesen Zwinger
Mehr als das Leben, wie es immer öfter scheint.
Ich mach jetzt Schluss mit diesen Versen, denn der Feind
Hat eine Lache, häßlich und auch schallend laut.
Die dringt durch alle Poren und verätzt die Haut.

Wandel *

Freitag, Februar 28th, 2020

Märzmund mein Freund küss
Kirschblüten wach und singe
Mit Amseln ein Lied
Spürst du ein leichtes
Ziehen im Magen sprudeln
Frische Gedanken über
Den Rand ins Freie
Hinaus mit dem Wind
Lasse zurück die trägen
Und trüben Tage
Stunden die frostige Brut
Märzmund mein Freund küss
Meinem Mädchen die Wangen
Die Augen den Mund

* für Gerda

Als ich noch jung war*

Freitag, Februar 21st, 2020

Ein alter Apfel
Baum vor Zeiten durchs hohe
Gras voll Blumen tanzt
Ein später Sommerwind wir
Saßen auf seinem krummen
Stamm im wilden Flug
Schwalben sonder Zahl
Als ich noch jung und
Voll der Hoffnung war Schatten
Am Rand des Waldes
Dem Träumen dienten die Welt
Sich vorwärts drehte heute
Ächzen die Stunden

* für Gerda

Erinnerungen *

Donnerstag, Februar 6th, 2020

Vor meinen Augen
Gestrüpp im Mund ein flaches
Wort oder Tage
Schneller als Beine laufen
Auf einem Weg ohne Ziel
Frage mich wann und
Wo wir uns trafen
Dereinst im Schatten
Alter Bäume haust der Traum
Bunt sein Gefieder
Auf breiten Schwingen
Steigt er hoch durch die Wolken
Ins Blau schließe die Augen
Und singe ein Lied

* für Gerda

Priesterseminar

Mittwoch, Januar 22nd, 2020

Der Zögling muß des Bischofs Murmeln lecken,
Den Runzelsack bedienen wie die Glocken
Im Kirchturm, bis die ersten feuchten Flocken
Blaß schäumen aus dem aufrecht steifen Stecken.

Des Knaben Lohn hierfür sind reife Pflaumen,
Die ihm sein Lehrer in das Kotloch schiebt,
Samt dürrer Finger, ruhig und geübt.
Hernach schürft er die braune Schicht vom Daumen.

Das Loch wächst lang mal breit und Jahr für Jahr,
Wo es gar häufig auch die Brüder stopfen.
Als er- nun Schwamm- verläßt das Seminar,

Reicht ihm der Bischof einmal noch den Finger.
Der Abschiedskuß auf den geliebten Dünger,
Läßt ihm das Herz im Brustkorb stürmisch klopfen.

Ein tiefes Blau *

Montag, Januar 13th, 2020

Irgendetwas Großes ist mit mir geschehen.
Nichts ist heute so, wie es noch gestern war.
Während sich die schwarzen Schrauben weiter drehen
In des Daseins Schläfen, wird um den Bazar
Eng gespannt und schnell ein Stacheldrahtverhau.

Doch ich fühle mich fast wie ein neues Wesen,
Und mich kümmert weder Stau noch Kreisverkehr;
Spüre, wie sich feste Knoten einfach lösen,
Und Gedanken fließen, fließen bis ins Meer,
Wo sich End und Anfang paarn in tiefem Blau.

* für Gerda

Ende und Anfang

Montag, Januar 6th, 2020

Ich weiß nicht, doch es sind schon mehr als dreißig Tage,
Da ich durchs Leben taumle, meistens voll bezecht,
Doch nicht, weil manche sagen, es ist ungerecht,
Daß Menschen andre Menschen auf den Händen tragen.

Ich klettere bis auf den Wipfel einer Tanne
Und sehe ringsum, wie die Bäume nordwärts fliehen,
Indes aus Wolken über mir die Blitze blühen.
Doch meine Löwin ist so fern. In der Savanne

Hat sie sich einen anderen im Nu gefunden.
Gemeinsam mit ihm schwimmt sie durch den blauen Nil,
Um zu verschmelzen dann im wilden Katzenspiel.

Ich hör das Echo. Und im Schatten kalter Stunden
Verblassen all die Worte, Bilder. Doch was bleibt,
Ist etwas Neues, das jetzt die Geschichte schreibt.