Der nette Nazi

Mai 25th, 2009

Ich bin der kleine, nette Nazi,
Den ihr so gern habt insgeheim.
Nach außen aber - wie gemein -
Beschimpft ihr mich als Noppenfazi.

Ich wohne tief in euren Herzen
Und fühle mich dort heimelig,
Wenn es im Stechschritt trommelt: Sieg,
Das Maul ganz faul von Adolf-Scherzen.

Bleibt mir vom Leib mit dem Gewissen.
Das taugt doch einzig für die Pfaffen.
Wir sind Germanen, keine Affen,
Die sich die Eichel selber küssen.

Auch ist es vielen nicht bewußt,
Daß sie mich in Gedanken tragen,
Wohin ich will, indes sie sagen,
Ich hätte wirklich große Lust…

Ich bin ein Nazi - der in euch,
Voll erblich, ja, ich bin das Gen,
Das deutsche und das ist sehr schön,
Wenn dereinst kommt das stramme Reich.

Doch lieber wär ich noch ein Hund,
Der zwischen und nicht in euch lebt,
Der, wenn er will, sein Beinchen hebt,
Der bellen kann mit eignem Mund.

Wieder in Wien

Mai 24th, 2009

Wieder zurück in der morschen Stadt,
An all den vertrauten Orten,
Wo mich die Hoffnung beschissen hat,
Halt ich mich fest an den Orten.

Die Füße laufen auf zähem Asphalt
Die gleichen sinnlosen Kreise.
Die Tage werden wie Fliegen schnell alt,
Und ständig steigen die Preise.

Wieder zurück im Menschenzoo,
Die Wohnung ein häßlicher Fleck,
Das ganze Haus ein Charackterklo
Mir ekelt vor all dem Dreck.

Was sind das für Gefühle,
Wo Herz nach Wärme sinnt,
In Staub und betonierter Kühle
Das Leben nur verrinnt.

Wieder zurück in Wien, dieser Welt,
Wo Neid würgt Herrn und Proleten,
Wo rot lackiert wird jedes Feld,
Wo Politiker fressen Pasteten.

Was sind das für Gefühle,
Wo Herz nach Wärme sinnt,
In Staub und betonierter Kühle
Das Leben nur verrinnt.

für Gerda

PS: Aus d. Vorzeit d. versfabrik.at, 1991

Rock und Roll

Mai 23rd, 2009

Guitarren krächzen
Und Mikros johlen,
Wenn wir mit 16
Euch rock- und rollen.

Ihr Empfindsamen 2

Mai 21st, 2009

Ihr laßt euch leichter provozieren
Als mancher Hund, der ständig bellt.
So kann euch an der Nase führen
Fast jeder Narr, dem das gefällt.
Statt ärgerlich zu reagieren
Auf jeden Westentaschen-Held,
Empfiehlt es sich zu ignorieren
Die Dummheit, die als Wecker schellt.
Drum gebt euch taub und gebt euch blind,
Wenn Stänkerer im Weg euch sind.

Ein Feuchtgebiet ohne Grenzen

Mai 20th, 2009

Nicht erst seit dem Roman von Charlotte Roche ist die dt. Gegenwartsliteratur ein einziges, riesiges  Feuchtgebiet. Als wären die aus allen Medien, dem Internet, der Werbung, der Filmindustrie, der Pornoszene auf einen niedergehenden Wogen verbal und visuell dargestellter Sexualität noch nicht genug, -die so aufdringlich sind, daß mensch von permanenter Belästigung sprechen kann,- gibt es in der dt. Gegenwartsliteratur keine andere Thematik, die damit nur annähernd Schritt halten kann. Was mag die Schreibenden veranlassen, vier Jahrzehnte nach der “sexuellen Revolution” in den 60er Jahren, quasi in Konkurrenz  zu den trivialen Säfte-Transporteuren  tretend, jeden zweiten Roman, der auf die Leser losgelassen wird , - und das ist eine statistische Untertreibung, -  mit 100fach,  ja 1000fach bemühten, total abgenutzten Darstellungen sexueller Abläufe, in einer Endlosschleife des immer Gleichen, anzufüllen, als sei Literatur eine Peep-Show, und die Leser Voyeure. Literatur als Ersatzbefriedigung? Sind tatsächlich alle Schreiber neurotisch und alle Leser Voyeure? Ich will es nicht glauben, und es gibt ja auch einige wenige Beispiele, also Romane, die völlig darauf verzichten, ihre Protagonisten und mit ihnen die Leser mit solch feuchtem Material zu quälen. Dies wäre eine Thema, das sich längst schon eine Diplomarbeit verdient hätte.
Haben die Schreibenden so wenig Vertrauen in ihre eigene Arbeit, so sollten sie eine andere Tätigkeit ausüben. Halten sie die Leser bzw. das Lesen für Voyeure bzw. für einen voyeuristischen Akt, dann sollten sie gleichfalls den Beruf wechseln. “Tropic of Cancer” (”Wendekreis des Krebses”) von Henry Miller, der Klassiker feuchter Literatur schlechthin, ist heuer immerhin 70 Jahre alt geworden.
Mit der raschen Ausbreitung des Internets ist die kommerzielle Ausbeutung der Sexualität, wie auch die Pornographie richtiggehend explodiert. Aber als wäre die Literatur eine Parallelwelt für verklemmte Triebtäter, wird in einem Buch nach dem anderen der Helden Sexualleben dargestellt. Wahrlich kein Gütesiegel für den gesellschaftsrelevanten Anspruch von Literatur, eher ein Zeichen, daß dieser Anspruch nicht gegeben ist, zumindest nicht für die Literatur, die heute die Szene dominiert und von den Verlagen publiziert wird. Wahrlich auch kein Gütesiegel für Literaturkritik und Leser, diesem Treiben nicht mit Abscheu und Ablehnung gegenüber zu stehen. Wie sie nicht alle über Qualität in der Literatur faseln, vom senilen Pabst bis zur TV-tauglichen Kritiker-und Rezensentenrunde, wie schön und realistisch dieser und jener Koitus in Sprache gesetzt wurde. Kein Einwurf, daß das Feuchtgebiet groß und tief genug geworden ist, um die ganze (dt.) Gegenwartsliteratur darin zu ersäufen, kein Einwand, daß dies alles schon 100 000mal in den gleichen Worten und Bildern geschildert wurde, Kein Einwand, daß die gesellschaftlichen Gegebenheiten für die Autoren Herausforderung genug sein müßten, zumindest in anderer Form in ihren Büchern mit Sexualität umzugehen, wenn sie schon glauben, daß es ohne sie gar nicht geht.

Ihr Empfindsamen

Mai 18th, 2009

Was seid ihr alle so sensibel,
Beleidigt auf das kleinste Wort,
Steht doch geschrieben in der Bibel:
Der Kummer schafft sich selbst…nicht fort.
Schenkt eurem Dasein doch Humor,
so rötet ihr die bleichen Wangen,
Und öffnet der Empfindung Tor,
Die euch in Krämpfen hält gefangen.

Linke Brüder

Mai 17th, 2009

Großmutters Zwergdackel “Francois” gewidmet

Wie Zombis kriechen sie aus ihrer Gruft,
Verschimmelt die geballte Zitter-Faust,
Verströmen einen penetranten Duft,
Verwurmt der Leib, verwanzt und voll verlaust.

Jetzt sind sie wieder da, die linken Brüder,
So überflüssig, wie sie immer waren;
Laut jodelnd ihre abgeschmackten Lieder,
Marschieren sie im Kreis, die blinden Narren.

Auf Transparenten hinkende Parolen;
So sicher wie die Fliegen auf dem Kot,
Wolln sie die Zukunft in das Gestern holen,
Frankfurter Würstchen, Senf, drei Scheiben Brot.

Als wär die neoliberale Sippe
Nicht Unheil schon genug für diese Welt.
Drum stopft die rot bemalte Kümmer-Lippe
Samt Kopf und Körper aus als Puppen-Held.

Distichon 2

Mai 16th, 2009

Kennt ihr die Wesen im Netz, die uns Würmern die Welt dort erklären:
Göttern gleich fliegen sie auf, schweben ins Licht, bis es schnalzt.

Distichon

Mai 16th, 2009

Menschen wie wir sind die letzten, die Verse noch schreiben und lesen.
Wisset, was folgt, das wird schlimm, schlimmer als alles, was ist.

Wir Narren

Mai 15th, 2009

Wir sind doch nur die Narren dieser Zeit,
Ein Spielball jener, die uns kalt verachten.
Und alles kam ganz anders, als wir dachten.
So nah scheint ein Gedanke und so weit.

Wir sind nicht Gäste sondern Parasiten
Auf dieser Welt, die eng geworden ist,
Zu eng für den von uns erzeugten Mist.
Den Tropfen folgen so die Stalagtiten.

Wir sind so träg geworden. Ohne Kraft
Sehn wir am Bildschirm das fatale Treiben,
In eitler Hoffnung, alles möge bleiben
So fremdgelenkt in unsrer Körper-Haft.

Doch tief in mir ist irgendwas, das schreit:
Wir haben uns umsonst verkauft. Bestochen
Aus Feigheit, kommen wir daher gekrochen
Als Narren, die wir sind, in dieser Zeit.