Archive for the ‘02 Verse’ Category

Der Mann mit dem Bohrer *

Montag, November 17th, 2008

Der Mann, der morgens mit der Bohrmaschine
Den Leuten Löcher in die Köpfe macht,
Und manchmal kommt er auch im Traum zur Nacht,
Ist ein Produkt aus der Humanlatrine.

Längst taub vom Lärm, mit öliger Routine
Geht er ans Werk, als ging´s zur letzten Schlacht,
Der Mann, der morgens mit der Bohrmaschine
Den Leuten Löcher in die Köpfe macht.

Er bohrt und bohrt mit irr verzerrter Miene,
Mit Stoppel im Gesäß und Klempner-Tracht,
Sodaß das Fundament der Erde kracht,
Wie eine ausgehöhlte Konkubine.
Der Mann, der morgens mit der Bohrmaschine
Den Leuten Löcher in die Köpfe macht.

*für Gerda

Im Traum*

Dienstag, November 11th, 2008

Im Traum auf weiten Wiesen Blumen pflücken,
Zu einem Kranz sie flechten für dein Haupt,
Wild duftend, daß es dir die Sinne raubt,
Wenn alle Gräser tanzen voll Entzücken.

Natur in jede Richtung, die wir blicken,
So unberührt, daß es kein Mensch mehr glaubt.
Im Traum auf weiten Wiesen Blumen pflücken,
Zu einem Kranz sie flechten für dein Haupt.

Und rasten, wo die Amseln uns beglücken,
Am Waldrand, unter Bäumen dicht belaubt.
Fern liegt die Stadt, voll Wahnsinn und verstaubt,
Mit Menschen, die wie Automaten ticken.
Im Traum auf weiten Wiesen Blumen pflücken,
Zu einem Kranz sie flechten für dein Haupt.

*für Gerda

Am Gürtel*

Montag, November 10th, 2008

Am Trottoir verkehren Leder-Huren,
Umkreist vom Freierpack in Limousinen,
Passanten stinken von Kanaltribünen,
Der Lärm schlägt in die zähe Luft Blessuren.

Die Hausfassaden tragen Staubfrisuren.
Der Horizont ist brüchig wie Ruinen.
Am Trottoir verkehren Leder-Huren,
Umkreist vom Freierpack in Limousinen.

Aus Fenstern glotzen blinde Kreaturen,
Hinab auf einen Strom von Blechsardinen.
Darüber bauchen gelbe Wolkendünen.
Laternen krümmen sich wie Zeitskulpturen.
Am Trottoir verkehren Leder-Huren,
Umkreist vom Freierpack in Limousinen.

*für Gerda

Die Prügelpolizisten*

Sonntag, November 2nd, 2008

Sie drücken deinen Kopf in Pisse-Eimer
Und malträtieren dich wie sonst wohl keiner.
Mit Stiefeln treten sie dir in den Magen
Und machen Witze über Schmerz und Klagen;
Sie brechen jeden Knochen dir im Leib
Und fabrizieren aus dem Mann ein Weib.

In Eisen fesseln sie die Hände auf den Rücken,
Um dein Gesicht dann in den Staub zu drücken.
Und liegst du ohne Gegenwehr im Kot,
Dann pendelt ihre Welt zurück ins Lot.
Sie reißen aus das Haar dir büschelweise,
Und wenn du stöhnst und wirst nicht leise,

Dann heißt es: Knüppel raus, der will noch mehr.
Aufs Maul damit, drescht ihm die Kiefer leer.
Sagt einer: Holt doch heißgekochte Fetzen.
Der Doktor meint, ihn nicht zu Tod verletzen.
Ach was, dem schneiden wir die Därme raus
Und stopfen sie für unsre Omis aus.

Zu Hause geben sie den braven Vater
Und haben sie vom Saufen einen Kater,
Dann schnappen sie sich schnellstens frische Beute,
Sie, der Gesellschaft legitime Meute.
Ihr ganzer Stolz ist ihre Uniform
Und in ihr ist ihr Handeln stets konform.

Sie hetzen dich erbarmungslos wie Vieh,
Und du entwischst ihnen schlußendlich nie.
Und siehst du einen Ausweg nur geblieben,
Dann rennst du wie verrückt hinauf die Stiegen,
Zum Fenster raus. Und Schluß im Schmutz der Gassen,
Dort kriegt dich keiner lebend mehr zu fassen.

*Das Gedicht stammt aus d. Vorzeit der versfabrik.at, es wurde 1989, also vor fast 20 Jahren verfaßt;

In dieser Krise

Montag, Oktober 20th, 2008

Du hast kein Scheißhaus auf vier Rädern,
Hast keine ferngeheizten Unterhosen,
Kein chip-gestütztes Lenksystem für Krücken?
Du hast nicht dieses und nicht das gekauft?
Den ganzen Plunder eben, den kein Mensch
Verwenden kann für irgendwas, obwohl
Ein jeder sich beeilt, ihn schneller zu besitzen
Als all die anderen, die Gleiches tun. Jedoch
Was ist nun mit den Aktien, den vielen,
Die keinen Cent mehr wert sind? Kaufen, ja!
Und nochmals kaufen, kaufen, jetzt! Vielleicht
Sind sie noch schneller Rauch, als jene, die
Wir vorher schon zu Stapeln aufgehäuft,
Bis sie, wer kann denn was dafür, so rasend schnell
Zu Asche wurden, Asche, die
Des Windes zornverzerrtes Maul
Uns in die rot gequollnen Augen bläst.
Du hast nicht dieses und nicht das gekauft,
Nicht heute und nicht gestern, auch nicht morgen
Kaufst du kein Scheißhaus auf vier Rädern mehr,
Kein Ticket für das Morgenrot
Auf den Bahamas oder so. Das heißt
In dieser Krise wohl, du bist bankrott,
Am Ende gar ein Fall für die
Justiz, denn wer nicht kauft, der wird verkauft
Und zahlt die Rechnung dafür selbst,
Doch nicht in Dollar, Franken oder Gold.

Der stürzende Gott

Mittwoch, Oktober 15th, 2008

Der Freie Markt ist unser Gott,
Nun liegt er flach und sein Prophet
Hat sich versteckt, verkrochen und
Verharrt und schweigt in seinem Loch.
Doch weltweit warten sehnsuchtsvoll
Die Jünger zitternd auf ein Wort
Des Herrn, vergeblich, ja,vergeblich, denn
Der Meister schweigt und wartet ab,
Bis alle Staaten Gottes Thron
Erneuert haben und poliert,
Wofür all die Betrogenen
Wie Blut gezapft und ausgeraubt,
Verhökert werden. Narren sind
Wir allesamt und schlimmer noch,
Wir sind es gern, wir bleiben es.
Schon wird der Gott, er stinkt, geschwind
Frisch ausgestopft und ausstaffiert,
Auf den geschminkten Thron gehievt,
Sodaß das Alte wieder neu
Und mehr denn je zugrunde gehn
Und hoffentlich auch bleiben kann.

Der Jörg ist weg

Samstag, Oktober 11th, 2008

Der Jörg fuhr mit dem Auto weg
Und kommt nie mehr zurück.
Das zwickt manch einen in den Speck,
Manch andrer spricht jedoch von Glück,
Und mir ist es egal.

Lieb Heimatland

Freitag, Oktober 10th, 2008

Provinzgetue, Ort der Kleinkomplexe,
Vergangenheit als stolzer Lügenpfuhl,
Sich mästen, mästen, bis er propft der Stuhl,
Und konserviert wird jede Alpenechse.

Damit mann nicht das Kraut mit Gras vertauschle,
Die Häme herrscht allein im Neidgesuhl,
Das Denken kriecht in Richtung somnambul,
Verkommen ist das Land, voll Krankgemauschle.

In naher Ferne wird die Welt noch enger,
Ganz ohne Sinn wird dann das stete Blähen,
Wenn allseits drohend nahen die Bedränger,

Mann kann´s am Bildschirm und im Spiegel sehen.
Ihr Ahnensöhne, macht es nicht noch länger
Fangt endlich an, die Hähne aufzudrehen.

Leberreim

Freitag, Oktober 10th, 2008

Die Leber ist von einem Knecht, und nicht von seinem Weibe.
Die Herren brauchen starke Kost, so nehmt von meinem Leibe,
So sprach der brave Mann, dann wusch er länger als vier Stunden
In rarem Wein das eigne Fleisch, das soll vorzüglich munden.
Die Leber ist von einem Knecht, und nicht von seinem Kinde.
Sie ist ganz frisch, drum eßt sie roh und eßt sie auch geschwinde.

Frau Stiefel und ihr Franz

Freitag, Oktober 10th, 2008

Frau Stiefel strahlt so mild entzückt,
Wie sauber Wand und Boden schielen.
Sie wischt noch etwas an den Stühlen
Und hebt das Haupt, beinah entrückt.
Ihr Franz tut sich den Schweiß abspülen,
Er bohrt im Grind von seinen Schwielen.
Sein Stiefel nickt, von Lust beglückt,
Der Franz indes will Fleisch befühlen,
Will seine fette Leber kühlen,
Da schaut Frau Stiefel leicht bedrückt.
Als Franz beginnt, vorbei zu zielen,
Erkennt sie plötzlich graue Mühlen
Und putzt die Flecken, schon geknickt.
Doch sieht sie nun, wie Schaben spielen
Auf ihren schönen Stiefelstühlen.
Da wird die gute Frau verrückt.

( In Erinnerung an Frau Sinkovics)

PS: Aus d. Vorzeit d.versfabrik.at