Archive for the ‘02 Verse’ Category

Himmelfahrt

Mittwoch, Dezember 21st, 2022

Auf Treppelwegen
In Spiralform der
Sonne entgegen
Gehn die Füße Schritt
Vor Schritt setzend die
Marmorstufen hin
Auf ins Brombeerblau
Des Himmels oder
Zwei Finger spreizen
Und ausspucken all
Das Gestrige gleich
Musikanten die
Auf Wolkenbänken
Sitzend mit krummen
Flöten Löcher in
Das Labyrinth der
Gedanken blasen
Am Rand der Treppe
Wartet ein Wagen
Mit roten Rädern
Und vollen Spritzen
Den Wind im Geschirr
Der zum Sturm wird wenn
Die Fahrt beginnt ein
Rauschen weit über
Den Horizont und
Bis zu den Sternen
Gibt es kein Halten
Endlich die letzte
Pforte mitten im
Auge weit offen
Dahinter ist nichts
Als der Mundgeruch
Toter Sekunden

Offenbarung

Samstag, Dezember 10th, 2022

Das Tier hat sieben
Köpfe mit spitzen
Hörnern auf seinem
Schuppigen Leib die Hure
Babylon am Horizont
Nähern sich rasend und rot
Das Gewölk färbend
Vier Reiter die Menschen
Blicken zum Himmel
Voll Furcht und falten
Hilflos die Hände
Zum stillen Gebet
Indes die Berge brüllen
Vom Gipfel hinab in das Tal

Das Kreischen der Sterne (St)

Dienstag, Dezember 6th, 2022

Ums Feuer tanzen
Schatten Kristalle
Ritzen die Schläfen
Zerplatzen ziehen
Gedanken aufs Eis
Und Rauch das bleiche
Gespenst steigt hoch ins
Schwarze Geäst den
Balken des Himmels
Daraus die Funken
Springen manch einen
Fängt lässig der Wind
Mit gespreiztem Maul
Spuckt wird´s ihm zu heiß
Den Stachel ins Laub
Das sich krümmt plötzlich
Tunnelt der Schrei der
Eule die Stille
Und bricht dem Moment
Das Rückgrat im Zorn
Ein Wolkentoupet
Bleibt vom Gespenst wenn
Es herabstürzt aus
Höchsten Höhen in
Traumkloaken sich
Schneller verzehrend
Und zurück läßt den
Geschmack von Eisen
Auf blauer Zunge

Gedankenschotter (St)

Sonntag, November 13th, 2022

Kängurus tanzen
In gelben Gummi
Stiefeln auf dem Dach
Tango beim Grillfest
Im Garten beißt ein
Polizist allen
Die ein Lied singen
Wollen knirschend die
Daumen aus ihren
Händen während an
Anderer Stelle
Ein Radfahrer sich
Heroin in die
Rostschwarze Eichel
Schießt wie das klingelt
Später im Schatten
Der Vernunft strampeln
Auf tausend Füßen
Gedanken im Kreis
Halbtags in Ketten
Zwischen die schmalen
Lippen den Knebel
Geschraubt mit Speichel
Saft nackter Nonnen
Aus dem Kaukasus
Frei Haus gekarrt statt
Der versprochenen
Sandalen aus Blech

Die Maschen der Zeit (St)

Sonntag, November 6th, 2022

Ein rot gleißendes
Stahlnetz um den Leib
Geschnürt die Maschen
Eng die Drähte scharf
Darin sich über
Jahre fängt der Müll
Der Zeit ist das Ich
Gedrosselt Du
Ein seichter Traum auf
Krücken die Wörter
Mit Bajonetten
In Zungen geritzt
Die Augen schwarze
Äpfel an einem
Faden hängt das Glück
Über den Köpfen
Der Menschen schaukelt
Bis der Himmel reißt
Abends trennen sich
Schatten und Werfer
Ein blaues Kamel
Treibt am Horizont
In die Dämmerung
Während im Westen
Nichts Neues gastiert

Gespenster (St)

Montag, Oktober 24th, 2022

Siehst du die Zeichen
Hingeschmiert an die
Wände aus Beton
Ein Gespenst sagt mann
Geht um und nimmt Maß
Von den Bildschirmen
Greift es den Kopf in
Händen haltend nach
Dir auf der Straße
Folgt es den Spuren
Wie neuschwänzige
Katzen schwanzlose
Hunde bös trillernd
Ein fauliges Lied
Die Brotaufstreicher
Haben die Fenster
Mit Talg tapeziert
Staub wohnt in nackten
Matratzen Staub den
Wir atmen morgens
Und mittags und nachts
Stauben wir selbst sind
Mumien Männer
Frauen und Kinder
Den Mund voll Pürre
Für Kotau und Kunst

Berg und Tal (St)

Freitag, Oktober 14th, 2022

Auf den Gipfeln der
Blauen Berge stehn
Nackte Skulpturen
Wie Riesen groß vor
Himmlischen Spiegeln
Haust ein flüchtiger
Gast im Wolkenschloss
Das Haupt aus Blei die
Brüste auf den Leib
Geschraubt die Beine
Verwanzt bis zum Schritt
Tag für Tag entfacht
Sich die Sonne und
Augen aus Stein zu
Neuem Leben rollt
Die Flut der Blicke
Sengend und seufzend
Hinab ins Tal trifft
Menschen Massen die
Treiben wie Korken
Auf brüchiger See
Furcht und Schatten
Pflücken die Wächter
Gehorsam die Tage
Gepflegt ohne Not

Radspur (St)

Sonntag, Oktober 9th, 2022

Schon lange gehen
Wir nicht mehr zu Fuß
Rollen stets schneller
Werdend und tiefer
Hinab ins Gefecht
Wo Hohn uns abfüllt
Mit müdem Kaffee
Morgens schlägt uns der
Spiegel die Augen
Trübe während das
Ticken der Uhren
Ins Trommelfell sticht
Wie Dornen im Takt
Von Termiten sind
Deine Gedanken
Entlaubtes Gesträuch
Im bissigen Wind
Was bleibt fragst du bloß
Schleim der überall
Glitzert und klebt auf
Flügeln aus Pappe
Und Krücken olé
Klatschen Passanten
Auf den Mauern mit
Bröckelnden Hufen
Später am Abend
Ringen wir lustlos
Das Geziefer zu Bett
Und träumen hernach
Viel vom Anderssein

Zwischen gestern und morgen (St)

Dienstag, September 27th, 2022

Unter den Augen
Stielen die aus dem
Gesicht des Himmels
Ragen die Spuren
Der Schläfer speichern
Hülsen ohne Frucht
Auf nacktem Papier
Hilflos über den
Ölig glänzenden
Wellen des Flußes
Auf zwei Pfeilern der
Eine ins Gestern
Gerammt der andere
Zum Morgen quert die
Brücke das Heute
Rollen die Stunden
Durch das Dunkel der
Nacht und verdämmern
Im Kommenden von
Gier umzingelt und
Wieder durch Brillen
Begafft liegt das Jetzt
Das Kreuz gebrochen
Im Staub ein roter
Fleck auf der Straße

Vor dem Umzug

Montag, September 19th, 2022

In meiner Wohnung türmen sich Kartons und volle Kisten
Und an den Wänden kleben, schon verschmiert, Gedächtnislisten
Von jenen Dingen, die sich immer wie von selbst verstecken.
Ich schau durchs Fenster, auf dem Gehsteig spielt ein Hund Klavier
Mit seiner Schnauze. Plötzlich klopft wer heftig an die Tür.
Die Nachbarin verlangt, ich soll ihr noch die Zehen lecken.