Stierkampf

Immer wieder, - bevorzugt in EU-Wahlzeiten, - schütteln Politiker und Medienvertreter verständnislos den Kopf über die große Anzahl von Bürgern, denen die EU nichts anderes ist, als ein Bollwerk der Bürokratie, ein Privilegienparadies und Selbstbedienungsladen für eine kleine Schicht von Bevorzugten. Friedensprojekt Europa, Wirtschaftsgroßmacht, militärische Supermacht (dieses eher hinter vorgehaltener Hand) und noch andere solche Worthülsen sollen Sympathie für jenen Moloch erzeugen.
Tatsächlich aber müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß gegen den Willen von fast 100% der Bevölkerung gentechnisch veränderte Pflanzen,
(also Nahrungsmittel) mit irreversiblen und katastrophalen Folgen auf Mensch und Natur losgelassen werden, weil es ein paar Konzerne so wollen, daß aus wunderschönen Alpentälern eine Transithölle gemacht wird, an der alles, was bisher dort gelebt hat, zugrunde geht, usw. usf.
Aber es gibt nicht nur “neuen” Horror, den wir der EU zu “verdanken” haben. Es gibt noch immer Beispiele extremster Barbarei in Europa, die nur aus dem Grund Bestand haben, weil das Land, in dem dieser Ungeist “gepflegt” wird, ein großes Land ist. Denn genauso funktioniert diese Union: Eine Handvoll großer Länder entscheidet, was und wie Europa ist. Die übrigen 20 Staaten müssen oder dürfen das mit-und nachvollziehen, wobei selbstverständlich ein paar Krümel vom Kuchen für die Befehlsempfänger in den kleineren Staaten abfallen, damit sie auch in Zukunft brav die Anweisungen ausführen, die sie erhalten.
Eines dieser auserwählten Länder ist Spanien. Vor zwei Jahrzehnten, wirtschaftlich fast noch ein Entwicklungsland und politisch eine faschistische Diktatur, wurde es wie ein Ballon aufgepumpt, um unter Einsatz ärgster Pestizide zur europäischen Gemüsekammer, zum giftgasbesprühten Garten Europas zu werden, den nordafrikanische Wanderarbeiter wie Sklaven pflegen und ernten dürfen, damit von Schweden bis zum Balkan spanisches Gift-Obst und Gift-Gemüse die Regale der Supermärkte verstopft.
Auch wenn es mir nicht schwerfiele, eine “Bestsellerliste” der Grauslichkeiten zu erstellen, ist für mich persönlich das Widerwärtigste am Spanien des 21.Jh. der “Stierkampf”, der noch immer nicht verboten ist. Was heißt verboten! Es gibt nicht einmal eine Initiative oder nur irgendein Bemühen europäischer Institutionen, dieses Spektakel der Grausamkeit, diesen exzessiv ausgelebten Voyeurismus an Tierquälerei und Tiermord vor den Augen tausender vor Begeisterung brüllender Barbaren, zu unterbinden. Als wären im 21.Jh. die Freizeitvergnügungen “Tierjagd und Fischfang” als “Brauchtumspflege” nicht schon schlimm genug. Dieses Abknallen völlig wehrloser Tiere aus der Distanz, um sie dann auszustopfen, dies “sportliche” Herauszerren der Fische an einem Eisenhaken, der sich in ihr Maul gebohrt hat und es in Fetzen reißt, soll ja neben einem enormen Adrenalinkick ein einzigartiges “High-Erlebnis” bzw. Ruhe und Ausgeglichenheit liefern. (”Nur wer es kennengelernt hat, kann hier mitreden”…) Diese völlig unzeitgemäße “Beschäftigung”, wehrlose Lebewesen zu quälen und zu ermorden, ist brutal, grausam, widerwärtig und kann eigentlich nur mehr als pervers bezeichnet werden.
Noch schlimmer als dieser Tiermord abseits der Öffentlichkeit, diese still, heimlich und privat durchgeführte Schlachterei, ist das Quälen und langsame Töten großer, prächtiger Stiere zur Unterhaltung x-tausender pervers-primitiver Zuschauer in riesigen Stadien. Diesem in unserer heutigen Zeit eigentlich unfassbaren Schauspiel nackter Barbarei wird von keiner Seite Einhalt geboten. Jahr für Jahr sind in den Medien die bluttriefenden Bilder und Filme dieses Abschlachtrituals zu sehen. Und nichts ändert sich daran.
Brauchtumspflege sieht für mich anders aus. Gerade Spanien, das sich wegen seiner in vielen Bereichen so fortschrittlichen Gesetzgebung auf die stolze Brust klopft, teilweise sogar zu Recht, bietet immer wieder einer gleichgültigen Weltöffentlichkeit dieses Spektakel des Schreckens zum Zwecke der Belustigung einer nach Blut geifernden Masse.
Und “Europa” schweigt dazu im Sinne von “nicht einmal Ignorieren”. Denn wer oder was in dieser EU die allererste Geige spielt, ist ein ausgeartetes kapitalistisches Wirtschaftssystem, und dieses Notenblatt, von dem gespielt wird, gilt natürlich auch für die Tourismusbranche eines großen Landes wie Spanien.

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