Dein Haar
Dein Haar, das ist der Schweif von meinem
Kometendasein irgendwo im All.
Dein Haar ist Hohn dem Zwang der Zeit,
Die ihre Stiefel auf uns drückt.
Dein Haar, das ist wie Blütenstaub
Heilspendender Kamille, ist
Der Formen Rausch des Löwenzahns,
Der Rosenknospen Farbenspiel.
Und öffnen deine Hände
Des Zopfes Flechten, so
Hör ich der Amseln Lieder
Als ersten Frühlingsgruß.
Und schwalbengleich, so schwerelos
Tanzt windbeschwingt im Sommersatt
Dein Haar, von Knoten, Bändern losgemacht,
Wie Drachen in das Wolkenweiß,
Dem Blätterfall zum Trotz im Herbst,
Entfliehn und wiederkehrn, wenn Frost
Mit Zähnen knirscht, als Winterkleid,
Das die entblößte Hoffnung wärmt.
Dein Haar ist meinem müden Haupt
Ein sanftes Kissen, Träume webend,
Die Fackeln sind am Horizont
Der immerschwarzen Nacht.
Dein Haar, das ist das Gold von meiner
Durch Schmutz und Schmerz entstellten Welt,
Wo Labyrinthe formen taube Mauern
Und Ängste blühn, will ich darin vergehn.
für Gerda
PS: Aus d. Vorzeit d. versfabrik.at 1994