Rating - Agenturen
Dem Großkapital steht ein ganzes Arsenal an Instrumenten zur Verfügung, um seine Interessen durchzusetzen, aber kein zweites ist so effektiv und in noch größerem Ausmaß gewinnbringend wie die sogenannten Rating-Agenturen, Ableger von amerikanischen Verlagen, die “im Auftrag des Herrn”, will sagen, als Dienstleister der Finanzinstitutionen, die Bonität von Ländern und börsennotierten Konzernen (paßt ja ideal zusammen) bewerten und damit festlegen.
Sie unterliegen keiner Kontrolle und haben nach einem kurzen Intermezzo wieder eine Marktposition inne, die genaugenommen nicht nur unverständlich, sondern ein echter Skandal ist, v.a. wenn man bedenkt, daß noch vor drei Jahren, also am Beginn der weltweiten Finanzkrise, genau diese Rating-Agenturen einigen Großbanken, die vor dem unmittelbaren Zusammenbruch standen, die höchste Bonitätsstufe bescheinigten.
Damals krachten nicht nur die Banken, auch das Vertrauen in die Rating-Agenturen war dahin, hatten sie doch einen nicht unerheblichen Anteil an dem Disaster. Und es gab sogar Stimmen, die die Fragwürdigkeit solcher Agenturen und ihre durch nichts begründete Macht offen ausprachen.
Die Folgen der Krise sind allgemein bekannt. Mit Milliardenbeträgen an Steuerzahlergeld wurden die Repräsentanten des Großkapitals von den Staaten gerettet. Und heute ist alles wieder wie vor der Krise.
Die Banken spekulieren auf Teufel komm raus gegen diverse Landeswährungen, und die Rating-Agenturen schaffen mit ihren Ankündingungen von Bonitätsverlust die Voraussetzungen für dieses höchst profitable Spiel, wobei es derzeit die Länder der Eurogruppe bzw. der Euro selbst sind, die die Spekulanten ins Fadenkreuz genommen haben.
Doch statt angemessen auf diese perfide Abzockerei zu reagieren, sind die europäischen Staat-und Regierungschefs anscheinend in einen kollektiven Tremor verfallen.
Wie die Maus vor der Schlange lauschen sie Tag für Tag wie gebannt und voller Angst, ob vielleicht eine Rating-Agentur in Erwägung ziehen könnte, die Bonität ihres “Staates” herabzusetzen.
Und im vorauseilenden Gehorsam, quasi um die “Finanz-Götter” milde zu stimmen, beginnen plötzlich alle Euro-Länder “Sparpakete(*1) zu schnüren”, ein Euphemismus für Sozialleistungen abbauen.
Übrigens, als die Rating-Agenturen laut darüber nachdachten, den USA die höchste Bonitätsstufe aufgrund der hohen Staatsverschuldung abzuerkennnen, kündigte die US-Regierung an, sie werde den dadurch anfallenden Schaden bei den Agenturen einklagen. Und stopften ihnen damit erfolgreich das Maul.
Die Frage, warum die europäischen Länder hier nicht dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgen, wo sie dies doch in anderen Fällen ohne zu zögern tun, läßt die Vermutung aufkeimen, daß der Sozialabbau in Europa in großem Stil ohnedies gewollt ist und die Rating-Agenturen nur den Vorwand abgeben, diesen Kahlschlag bei der jeweiligen Bevölkerung als absolute Notwendigkeit darstellen zu können.
Die Zukunftsaussichten für die Mehrheit der Menschen in Europa sind jedenfalls nicht die besten, solange sich die derzeitigen Machtstrukturen nicht grundlegend ändern.
(*1) Diese Sparpakete, die nun überall eifrig geschnürt werden - ich kann den Begriff schon nicht mehr hören - sind eine unmittelbare Folge der weltweiten Bankenrettung durch die Nationalstaaten.
Denn die Milliardenbeträge, die den Finanzinstituten ohne irgendeine Auflage und auf schnellstem Weg in den Schlund geschaufelt wurden, waren real ja nicht vorhanden, d.h., die Staaten mußten dafür teure Kredite aufnehmen und zwar bei den Banken, damit diese nicht Bankrott gingen. Absurdistan in Reinkultur, zumindest auf den ersten Blick.
Und jetzt muß die dadurch in die Höhe geschnellte Staatsverschuldung wieder zurückgefahren werden, durch neue Massensteuern, durch späteren Pensionsantritt, durch Abbau von Gesundheits-und Sozialleistungen und was es sonst noch an Grauslichkeiten für die Masse der Menschen gibt, die nicht wie Dagobert Duck in ihrem Geld baden.