Im Wartezimmer (FG)

Krampfadern knüppeldick auf gelben Waden,
Darüber Fleischgewölbe schnaufend hängen,
Die eng an eng sich auf die Sessel drängen,
Gesichter wandeln sich zu Schweißfassaden.

Der Raum ist voll mit höchst maroden Kunden,
Die einen lachen und die andern flennen.
Hier lernen sich die Keimgenossen kennen:
Pro Woche einmal plaudern für zwei Stunden.

Der nächste bitte! Holzfuß schüttelt Hand,
Schrittmacher herzen sich und die Zirrhosen
Der Leber blühen blau wie Herbstzeitlosen,
Weil Rentner rotzen Fladen an die Wand.

Ein Säugling schenkt dem Zimmer Kotgeruch,
Die Mutter reißt vor Wut ihm aus ein Ohr,
Ein Junker hebt ein braunes Eisenrohr
Und drischt auf Stühle mit obszönem Spruch.

Die Assistentin kreischt laut: Polizei!
Der Arzt hat schnell die Praxistür verschlossen.
Manch einen macht die Warterei verdrossen,
Da stürmt ein Sondertrupp mit Tarzanschrei

Den Warteraum und arretiert die Kranken,
Derweil der Doktor schluckt viel Valium.
Das Loch ist ausgeräuchert, gänzlich stumm.
Auch gibt es keinen Grund, sich zu bedanken.

PS.: Aus d. Vorzeit d. versfabrik.at

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