Sieben Tage die Woche

MONTAG

Montag ist´s und sechs Uhr früh,
Wecker brüllt erbarmungslos.
Aufstehn, nein, das lernt er nie.
Zornig murmeln Lippen, wie
Machen es die andern bloß
All die andern Scheißer die.

In die Hosen, in die Socken,
Ohne Frühstück aus dem Haus.
Wolken spucken mürbe Flocken
Auf der Menschen spärlich Locken,
Wo sich wohlfühlt nur die Laus.
Ach, das Dasein ist ein Graus.

Rasch läuft er zur Haltestelle,
Denn schon naht der Autobus.
Ein-und Ausstieg: eine Welle,
Drängelei auf alle Fälle,
Steigert in ihm den Verdruß.
Doch was nützt´s, er muß, er muß.

Bei der Fahrt die gleichen immer,
Leute, müde, ein Gesicht.
Keine Wärme, Hoffnungsschimmer,
Plötzlich lautes Kindgewimmer
Und er murmelt: Bitte nicht.
Denn wer klebt die Nerventrümmer?

Montag in den Abendstunden
Liegt er abgeschlappt im Bett,
Leckt sich stöhnend seine Wunden,
Körper fühlt sich arg geschunden,
Blase treibt ihn zum Klosett.
Kakerlaken ziehen Runden.

DIENSTAG

Kampf dem Schlaf am Dienstagmorgen
Und auch diesmal kein Kaffee.
Pillenschachtel leer.O weh!
Wo soll er die jetzt besorgen?
Hätt er doch ´ne gute Fee
Oder einen PKW.

Er versäumt den Autobus,
Ärger krallt sich fest im Magen.
Könnte mit der Faust erschlagen
Den nun wachsenden Verdruß,
Ohne sich dabei zu plagen,
Doch er muß ihn mit sich tragen.

In der Firma Chefvorträge,
Pünktlichkeit und solche Sachen,
Rücklings die Kollegen lachen
Über seine Wurstbrotpflege.
Diese parfümierten Drachen
Bräuchten eine Kettensäge.

Nach der Arbeit Pillen kaufen.
Apotheker schwenkt den Finger
Mahnend, denn die Psychodinger
Sind meist nur zum Haareraufen
Und nicht etwa Heilungsbringer,
Hört er den Magister schnaufen.

Dienstag in den Abendstunden
Liegt er chemisch voll entspannt,
Und die Augen trüb wie Sand,
Doch die Krämpfe sind verschwunden,
Auch das Zittern seiner Hand.
Fliegen auf dem Tellerrand.

MITTWOCH

Mittwoch kurz nach Mitternacht
Ist er schwitzend aufgewacht;
Sah sich selbst mit Pferdekopf
Wachsen aus dem Blumentopf,
Würmer nagend an den Zehen,
Die im Erdreich wurzelnd stehen.
Seine Arme gleichen Zweigen,
Die ein Gärtner ab will schneiden
Mit ganz großen, scharfen Scheren.
Wie soll er sich dem erwehren?
Kann nicht laufen, denn verwachsen
Fest im Boden sind die Haxen.
Beißt mit langen spitzen Zähnen
Gärtners Adern durch und Sehnen.
Dessen irres Hilfsgeschrei
Treibt nun seine Brut herbei.
Die umzingelt ihn und reißt
Hosen runter und bescheißt
Ihn von unten voll bis oben,
Während sie sich dabei loben.
Und schon naht die Müllabfuhr,
Saugt ihn weg, daß keine Spur
Übrigbleibt als Stinkgeruch,
Frisch garniert mit einem Fluch.
Eine Null im Nennerbruch.

DONNERSTAG

Donnerstag um sechs Uhr früh
Wird er wach, verschwitzt, ihn friert.
Alles an ihm Lethargie,
Mehr noch, eine Havarie
Wie ein Schiff, das kollidiert
Ist mit einem Eisbergknie.

Schon vor Mittag heizt das Fieber
Husten röchelt in der Brust,
Die Gedanken schwarz vom Frust,
Und das Virus zieht ihn nieder,
Macht zu Pudding seine Glieder.
Doch der Chef sagt: Franz du mußt

Deine Arbeit fertig bringen.
Diese duldet keine Pause.
Erst am Samstag darfst du singen,
Dich erholen dann zu Hause,
Stundenlang stehn in der Brause,
Oder eine Frau bespringen.

Also heißt es weiterquälen.
Schneckig kriechen die Minuten.
Er beginnt sie schon zu zählen.
Die vorbei sind, sind die guten.
Die noch kommen, sind wie Ruten
Auf den Rücken von Kamelen.

Abends in den eignen Wänden
Mehrt sich in ihm alles Übel.
Reibt mit zittrig feuchten Händen
Sein Gesicht ab mit ´ner Zwiebel,
Stülpt sich über einen Kübel.
Ach, wann wird das Elend enden?

FREITAG

Freitag schleicht sich in sein Zimmer,
Und der blinde Morgenschimmer
Zeigt ein Jammerexemplar,
Dessen Krankheit noch viel schlimmer
Ist, als sie am Vortag war.
Fühlt sich wie ein Pissoir.

Hart sind, heißt es, wahre Männer.
Laufen latzfrei rum im Jänner.
Und frisieren sich die Lappen?
Das bestreiten doch die Kenner.
Sicher, sag ich, wenn sie rappen
Mit gehörnten Elchtierkappen.

Und er schafft es mit Gewalt
Aus der Wohnung, ihm ist kalt,
In den Bus zur Arbeitsstelle.
Ach, da rutscht er am Asphalt
Aus, knapp vor der Firmenschwelle.
Dieser glücklose Geselle

Wälzt sich nun im Hundekot.
Menschenmassen sammeln sich
Um den Franz, der bitterlich
Weint und liegt in seiner Not.
Doch das ist sein eignes Brot,
Sagt ein Gaffer ganz für sich.

Und der Freitag geht zu Ende.
Was auch immer wer empfände,
Manche Leute brauchen Hiebe,
Auf den Rücken, auf die Rübe,
Ob zu Hause, in der Fremde,
Ob im Leben, in der Liebe.

SAMSTAG

Samstag darf im Bett er weilen,
Schläft und träumt von einem Igel,
Der beschnuppert seine Beulen.
Und der Traum verleiht ihm Flügel,
Kann damit durch Lüfte eilen
Über Wiesen, Felder, Hügel,

Als da schrillt das Telephon
Laut dahin, will nicht verstummen,
Jagt den ohnedies schon Krummen
Aus dem Bett. Schon wieder Fron,
Denkt er sich, die Lippen brummen
Doch ihm ist ganz fremd der Ton.

In der Leitung hängt der Zorn,
Spricht, daß jetzt sei da die Stunde,
Auszuheilen seine Wunde,
Wo der Eiter blüht enorm.
Die Gedanken brauchen Form,
Folgsamkeit ist für die Hunde.

Fühlt sich nun um vieles besser,
Fieber hat sich still verdrückt.
Als er in den Spiegel blickt,
Rauschen einst so stille Wässer
Und er lächelt und er nickt,
Seine Hand greift nach dem Messer,

Langeweile zu erstechen.
Und er schneidet voll Elan
Eine frische rote Bahn
In die endlos weiten Flächen
Der ureigenen Gebrechen,
Wo zu Hause ist der Wahn.

SONNTAG

Sonntag ist der Tag der Herrn.
Alle rasten, schauen fern.
Fern das ist ein bunter Schirm,
Steht zu Hause, füttert Hirn.
Und dem Magen dient ein Schrank,
Gut gekühlt, ja, Gott sei Dank.

Franz wär gerne sehr bequem,
Doch er hat ein Hauptproblem:
Das TV-Gerät ging ein,
Als ins Bild trat er sein Bein.
Wie soll er die Zeit verbringen,
Wie kann dieser Tag gelingen?

Also fährt er raus ins Grün
Kranker Bäume rund um Wien.
Hat einmal gehört, Natur
Sei auch eine Art von Kur.
Legt sich in das weiche Gras,
Zart entweicht dem Darm ein Gas.

Schließt die Augen tief beglückt,
Schlummert ein, bis etwas klickt.
Dunkelheit nimmt ihren Lauf.
Er schaut zu den Sternen rauf,
Und egal ist ihm die Zeit,
Sieht nur mehr den Himmel weit.

Als da graut der Montagmorgen,
Künden Alltags dumpfe Sorgen.
Franz fährt in die Wohnung heim,
Trinkt gepflegt ein Gläschen Wein,
Öffnet Fenster, steigt aufs Brett,
Springt hinab aufs Straßenbett.
Dieses ist gemacht aus Steinen.
Doch das ist kein Grund zum Weinen.

Leave a Reply